Verfahrensgang

SG Dresden (Beschluss vom 08.06.1998; Aktenzeichen S 16 KR 85/98 ER)

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluß des Sozialgerichts Dresden vom 08. Juni 1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beschwerdegegnerin (Bg.) die Befugnis zusteht, gegenüber ihren Versicherten und/oder dem zuständigen Pflegepersonal mündlich oder schriftlich zu erklären, daß die Kosten für eine enterale Versorgung durch die Beschwerdeführerin (Bf.) nicht erstattet würden.

Die Bf. ist als Leistungserbringerin nach § 126 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassen. Sie versorgt die Versicherten nach Maßgabe ärztlicher Verordnungen mit Hilfsmitteln im Sinne des § 33 SGB V.

Die bei der Bf. beschäftigte Diätassistentin … wurde am 20.01.1998 von der Sozialstation des Krankenhauses in Meißen zu der bei der Bg. versicherten … (geb. am … gerufen, deren stationäre Entlassung bevorstand. Weil die hochbetagte und schwer erkrankte Versicherte selbst nicht in der Lage war, Entscheidungen über ihre künftige Versorgung zu treffen, setzte sich Frau … mit der Tochter der Versicherten, Frau … in Verbindung, um den Service für die Sondennahrung zu verabreden. Frau … war mit einer Versorgung ihrer Mutter durch die Bf. einverstanden. Am 26.01.1998 nahm Frau … die vertragsärztliche Verordnung des Dr. med. … entgegen und besuchte die Versicherte, um sie mit dem verordneten Ernährungssubstrat zu versorgen. Zu diesem Zweck legte sie eine Ernährungspumpe an und wies das Pflegepersonal in die Anwendung ein. Weiterhin wurde die erste Monatsversorgung überreicht. Der Kassenantrag für die Dauerverordnung wurde von Frau … bei der Bg. eingereicht.

Die Bg. reichte den Kassenantrag mit dem Vermerk „keine Genehmigung” zurück und führte in dem Begleitschreiben vom 06.02.1998 weiterhin aus, daß der Versicherten das Hilfsmittel aus dem bundesweiten Hilfsmittelpool zur Verfügung gestellt werden könne.

In einem zur Klärung der Angelegenheit zwischen dem Geschäftsführer der Bf. und der bei der Bg. zuständigen Mitarbeiterin Frau … geführten Gespräch wurde diese darauf aufmerksam gemacht, daß die Versicherten das Recht hätten, unter den zugelassenen Leistungserbringern frei zu wählen. Die Krankenkassen dürften allenfalls über preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten informieren, nicht jedoch die Wahlentscheidung der Versicherten beeinflussen. Frau Richter erklärte dabei, daß die Bf. ihre Leistungen zu teuer berechne und die Versicherte auf eigenen Wunsch von einem anderen Leistungserbringer versorgt werde. Mit Schreiben der Bg. vom 12.02.1998 wurde ferner mitgeteilt, daß die bekannten Kostenvoranschläge der Bf. ein höheres Preisniveau auswiesen, als das anderer Leistungsanbieter. Für die versicherte … sei jedoch gar kein Kostenvoranschlag vorgelegt worden.

Auf die Nachfrage von Frau: … zum Wechsel des Leistungserbringers erklärte Frau …, daß sie mit der Angelegenheit nichts zu tun habe und auch nicht den Wunsch geäußert habe, die Versorgung zu wechseln. Die Bg. erklärte ferner gegenüber der Pflegedienstleiterin Frau …, daß die Kosten der Versorgung durch die Bf. nicht übernommen würden und die Versicherte künftig durch die Firma … versorgt werde.

Die Aufforderung der Bf., im Hinblick auf die evt. Wiederholung derartiger Vorkommnisse eine strafbewehrte Unterlassungverpflichtungserklärung zu unterzeichnen, blieb erfolglos.

Am 20.02.1998 beantragte die Bf. beim Landgericht Leipzig im Wege des Erlasses einer einstweiligen Verfügung anzuordnen:

  1. Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs

    1. mündlich oder schriftlich ihren Versicherten und/oder dem zuständigen Pflegepersonal zu erklären, die Kosten der Direktversorgung durch die Antragsgegnerin mit Hilfsmitteln für die enterale Ernährung würden nicht erstattet;
    2. ihren Versicherten Hilfsmittel für die enterale Ernährung, insbesondere Ernährungspumpen, aus ihrem Hilfsmittelpool zur Verfügung zu stellen.
  2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur gesetzlich zulässigen Höhe von DM 500.000,00 oder eine Ordnungshaft bis zur gesetzlichen Dauer von 6 Monaten – zu vollziehen an den gesetzlichen Vertretern und/oder den handelnden Personen – zu verhängen.

Mit Beschluß vom 14.04.1998 hat das Landgericht Leipzig den Rechtsstreit hinsichtlich der Anträge 1 a) und 2. an das Sozialgericht Dresden, im übrigen an das Landgericht Dresden verwiesen.

Zur Begründung hat die Bf. vorgetragen, daß den Krankenkassen nach § 127 Abs. 3 SGB V lediglich eine Informationspflicht ihrer Versicherten zukomme. Es sei den Krankenkassen untersagt, ihre Versicherten direkt mit Hilfsmitteln zu versorgen (OLG Stuttgart, Urteil vom 09.01.1998 – 2 U 176/97) wie auch einseitige Empfehlungen zugunsten eines einzelnen Anbieters auszusprechen (OLG Frankfurt, WRP 1997, S. 1205 f). Der Verfügungsgrund sei...

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