Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Ausbildungsförderung. Ermittlung des Anteils der Ausbildungskosten als zweckbestimmte Einnahme
Leitsatz (amtlich)
1. Ausbildungsförderung nach dem BAföG ist eine teilweise zweckbestimmte Einnahme iS von § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2.
2. Es ist im Einzelfall nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln eine Aufteilung der auf den Unterhalt und auf die Ausbildung entfallenden Anteile vorzunehmen. Für eine generelle pauschalierende Quotelung bietet weder § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 noch § 11 Abs 1 BAföG eine Stütze.
3. Als zweckbestimmte Einnahme iS von § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 ist der Anteil der Ausbildungsförderung zu berücksichtigen, der mit Nachweisen belegt und in angemessenem Umfang auf die Ausbildungsförderung entfällt.
Tenor
I. Auf die Beschwerde werden die Ziffern I und III des Beschlusses des Sozialgerichts Leipzig vom 17. November 2006 aufgehoben.
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 6. November 2006 gegen den Änderungsbescheid des Antragsgegnerin vom 18. September 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2006 wird angeordnet.
III. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtliche Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Leipzig vom 17. November 2006. In diesem lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Änderungsbescheid, mit dem die gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) abgesenkt wurden, ab. Die Beteiligten streiten im Kern um die Frage, ob bei der Berücksichtigung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über die individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) als Einkommen nach § 11 SGB II eine generelle Pauschalierung des Ausbildungsbedarfes ohne die Möglichkeit des Nachweises des konkreten Ausbildungsbedarfes rechtmäßig ist.
Die Antragsgegnerin bewilligte der 1967 geborenen Antragstellerin und ihrem mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden, 1989 geborenen Sohn mit Bescheid vom 20. Juli 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Die Leistungen betrugen 356,48 EUR monatlich für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Oktober 2006 und 354,61 EUR monatlich für die Zeit vom 1. November 2006 bis 31. Januar 2007.
Mit Änderungsbescheid vom 18. September 2006 senkte die Antragsgegnerin die bewilligten monatlichen Leistungen für die beiden Zeiträume auf 194,48 EUR bzw. 192,61 EUR. Zur Begründung gab sie an, dass der Sohn der Antragstellerin ab 4. September 2006 eine Ausbildung als technischer Assistent für Informatik aufgenommen habe. Es werde ein fiktives Einkommen in Höhe von 192,00 EUR angerechnet, weil der BAföG-Bescheid noch nicht vorliege. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28. September 2006 Widerspruch ein.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 9. Oktober 2006 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen in Höhe von 356,48 EUR monatlich für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Oktober 2006, 354,61 EUR monatlich für die Zeit vom 1. November 2006 bis 30. November 2006 und 201,01 EUR monatlich für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007. Zugleich hob sie den Bescheid vom 18. September 2006 auf und gewährte für Oktober 2006 eine Nachzahlung in Höhe von 162,00 EUR. Sie führte weiter aus, dass ab 1. Dezember 2006 eine Anrechnung der Ausbildungsförderung beim Sohn der Antragstellerin erfolge, weil die zuständige BAföG-Stelle eine Zahlung ab diesem Zeitpunkt zugesichert habe. Für den Zeitraum vom 1. September 2006 bis 30. November 2006 werde ein Erstattungsanspruch bei der BAföG-Stelle angemeldet. Ausweislich des beigefügten Berechnungsbogens setzte die Antragsgegnerin beim Sohn der Antragstellerin ein monatliches Einkommen in Höhe von 153,60 EUR an.
Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2006 zurück. Der Widerspruch sei nach dem Erlass des Änderungsbescheides [gemeint sein dürfte der Bescheid vom 9. Oktober 2006] nicht mehr begründet. Hinsichtlich der BAföG-Leistungen führte sie aus, dass nur 20% dieser Leistungen als pauschale Ausbildungskosten zählen würden.
Am 30. Oktober 2006 bewilligte das zuständige Amt für Ausbildungsförderung dem Sohn der Antragstellerin für die Zeit von September 2006 bis August 2007 Ausbildungsförderung in Höhe von 192,00 EUR monatlich.
Die Antragstellerin hat am 6. November 2006 Klage erhoben und am 8. November die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes beantragt. Sie hat unter Berufung auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Chemnitz vom 19. Juni 2006 (Az. S 29 AS 1100/05) die Auffassung vertreten, dass BAföG-Leistungen, soweit sie nachweislich zu Ausbildungszwecken verwandt werden, zwe...