Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Verwaltungsvollstreckung. Festsetzung von Mahngebühren. Währungsumrechnung in Euro. Rundungsregelungen. Aufgabenübertragung durch die Gemeinsame Einrichtung. Überprüfung der Wirksamkeit der Aufgabenübertragung auf die Bundesagentur für Arbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Umrechnung der Beträge in § 19 Abs 2 S 2 und 3 VwVG (in der vom 26.6.1970 bis zum 28.11.2014 geltenden Fassung) von DM in Euro.
2. Zur Prüfung einer Aufgabenübertragung durch eine gemeinsame Einrichtung, die zum Erlass eines Mahnbescheides und damit zur Festsetzung einer Mahngebühr berechtigt.
3. Zur Frage, ob auf das Rechtsgeschäft zur Aufgabenübertragung nach § 44b Abs 4 SGB II die Regelungen in §§ 88 ff SGB X anwendbar sind.
Normenkette
VwVG § 19 Abs. 2 Sätze 1-2, 3 Fassung: 1970-06-23, § 3 Abs. 3-4; SGB II § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 6, § 44b Abs. 1 S. 1, Abs. 4; SGB X § 88; SGG § 73a Abs. 1 S. 1, § 105 Abs. 2 S. 2, § 172 Abs. 3 Nr. 1 Fassung: 2010-08-05, Nr. 2 Fassung: 2010-03-26; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 119 Abs. 1 S. 1, § 121 Abs. 2; VO (EG) Nr. 974/1998 Art. 14 Sätze 1-2; VO (EG) Nr. 1103/1998 Art. 4 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, Art. 3 S. 1, Art. 5 S. 1; VO (EG) Nr. 2866/1998 Art. 1; Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende Art. 1 Nr. 9, Art. 3 S. 1
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 7. August 2013 abgeändert.
Der Antragstellerin wird für das Klageverfahren Az. S 12 AL 669/12 ab 23. Oktober 2012 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt … als Bevollmächtigter beigeordnet.
Derzeit sind weder Raten zu zahlen noch Zahlungen aus dem Vermögen zu leisten.
II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerde des Klägers vom 12. September 2013 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 7. August 2013, ihm zugestellt am 12. August 2013, ist statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier maßgebenden, vom 1. April 2008 bis zum 24. Oktober 2013 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 29 Buchst. b des Gesetzes vom 26. März 2008 [BGBl. I S. 444]) ausgeschlossen, weil das Sozialgericht nicht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint hat. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG in der hier maßgebenden, vom 11. August 2010 bis zum 24. Oktober 2013 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 29 Buchst. b des Gesetzes vom 5. August 2010 [BGBl. I S. 1127]), ausgeschlossen. Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 SGG a. F. war die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig gewesen wäre. Dies galt nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG a. F. auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates konnte diese Regelung jedoch nicht erweiternd ausgelegt und auf Klageverfahren, in denen in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig gewesen wäre, ausgedehnt werden (vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Juni 2012 - L 3 AS 158/12 B PKH - juris Rdnr. 11, m. w. N.). Damit kommt es für die Statthaftigkeit der Beschwerde nicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes im Hauptsacheverfahren an.
II.
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Der Klägerin fehlt nicht, wie das Sozialgericht angedeutet hat, das Rechtsschutzbedürfnis. Denn das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 12. Juli 2012 (Az. B 14 AS 35/12 R, BSGE 111, 234 ff. = SozR 4-1500 § 54 Nr. 28), auf das sich das Sozialgericht wohl beziehen wollte, ist nicht einschlägig. Das Bundessozialgericht hat dort entschieden, dass es einer Klage, mit der allein die Verletzung der Rundungsregelung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) geltend gemacht wird, am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Das Urteil betrifft ausdrücklich nur die Verletzung der Rundungsregelung nach dem SGB II und lässt sich wegen dieser Beschränkung nicht ohne weiteres auf alle gerichtlichen Streitigkeiten übertragen, in denen irgendeine Rechtsfrage zu irgendeiner Rundungsregelung im Streit steht. Zudem hat das Bundessozialgericht mit dem Wort "allein" deutlich gemacht, dass diese Entscheidung nicht für Fälle geltend soll, in denen auch noch mindestens ein weiterer Punkt streitig ist. Dies ist aber hier der Fall, weil der Klägerbevollmächtigte auch die fehlende Zuständigkeit des Beklagten rügt.
III.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfol...