Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung. medizinische Rehabilitation. onkologische Nachsorgebehandlung bei Beziehern einer Altersrente. Nachsorgekur wegen Geschwulsterkrankungen. Primärbehandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Unter "Primärbehandlung" iS des § 1 Abs 2 Ca-Richtlinien (juris: VR VDR 1997-08-14 6073) sind ausschließlich diejenigen eingreifenden Therapieverfahren zu verstehen, die bei onkologischen Krankheiten als operative, strahlen- oder chemotherapeutische Maßnahmen eingesetzt werden, und zwar sowohl im Rahmen der Erstbehandlung als auch im Rahmen der Rezidivbehandlung.
2. Die im begründeten Einzelfall auf zwei Jahre verlängerbare Einjahresfrist des § 1 Abs 2 S 1 Ca-Richtlinien ist keine Antragsfrist im echten Sinn, sondern eine medizinische Prognosefrist, bei der ausgehend von den allgemeinwissenschaftlichen medizinischen Erkenntnissen feststeht, bis zu welchem Zeitpunkt bei bestimmten Erkrankungen eine Rehabilitationsbedürftigkeit gegeben ist. Aus diesem Grund kommt nach Ablauf von zwei Jahren nach beendeter Primärbehandlung eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 27 Abs 1 SGB 10) nicht in Betracht, weil eine solche nach Sinn und Zweck der Norm ausgeschlossen ist (§ 27 Abs 5 SGB 10).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 24. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsleistung als onkologische Nachsorgebehandlung.
Bei dem am … 1944 geborenen Kläger wurde im August 2008 ein Prostatakarzinom diagnostiziert, das im Zeitraum vom 7. bis 17. Oktober 2008 in der Klinik für Urologie der Z…Kliniken B… C… gGmbH operativ stationär behandelt wurde. Im Zeitraum vom 6. Januar bis 27. Februar 2009 erfolgte eine ambulante Bestrahlung des kleinen Beckens in der Klinik für Radioonkologie des Klinikums C… gGmbH. Vom 13. März bis 3. April 2009 befand sich der Kläger in der onkologischen Anschlussheilbehandlung in der V… Klinik B.. E…, die zu Lasten der Beklagten durchgeführt wurde. Von Februar 2009 bis Juni 2011 erfolgten hormonelle Behandlungen. Ein Rezidiv des Karzinoms bildete sich nicht aus.
Auf Grund Bescheides der Beklagten vom 9. Juni 2009 bezieht der Kläger seit 1. Juli 2009 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Am 14. Dezember 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer stationären onkologischen Rehabilitation. Den Antrag, der bei der Beklagten am 16. Dezember 2011 einging, lehnte diese mit Bescheid vom 3. Januar 2012 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 20. März 2012 ab. Zur Begründung führte sie aus: Leistungen zur onkologischen Rehabilitation würden nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach beendeter Primärbehandlung erbracht. Die Primärbehandlung des Karzinoms sei im Oktober 2008 abgeschlossen gewesen. Seit der letzten Primärbehandlung seien mehr als zwei Jahre vergangen. Nach den medizinischen Unterlagen läge auch kein Fortschreiten der Tumorerkrankung vor. Der Kläger sei auch nach den Leistungsgesetzen eines anderen Rehabilitationsträgers nicht rehabilitationsbedürftig, so dass sein Antrag nicht an einen anderen Träger weiterzuleiten sei.
Die hiergegen am 26. März 2012 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz, nachdem der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2012 erklärte, dass er eine Rehabilitationskur nach den Vorschriften des Rechts der Krankenversicherung nicht wünsche, mit Urteil vom 24. Mai 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Nachsorge- und Festigungskur wegen Geschwulsterkrankungen, da sein Antrag außerhalb der Zwei-Jahres-Frist gestellt worden sei. Zwar sei beim Kläger die Primärbehandlung nicht im Oktober 2008, sondern erst im Februar 2009, nach Beendigung der Bestrahlung, abgeschlossen gewesen. Die hormonelle Behandlung sei keine Primärbehandlung. Auch bei Annahme der Beendigung der Primärbehandlung nach Ablauf der Strahlentherapie, sei der Antrag im Dezember 2011 erst nach Ablauf des Zwei-Jahres-Zeitraums gestellt worden. Eine Erweiterung der Zwei-Jahres-Frist sei nicht vorgesehen. Die Gewährung einer Kur als Leistung zur medizinischen Rehabilitation nach anderen Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung sei ausgeschlossen, da der Kläger Altersrente beziehe. Eine medizinische Rehabilitationskur nach dem Recht der Krankenversicherung werde von ihm nicht begehrt, so dass das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür nicht zu prüfen sei.
Gegen das am 31. Mai 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Juni 2012 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Mit dem Urteil sei er nicht einverstanden. Er sei weiterhin der Meinung, dass der Bescheid und der Widerspruchsbescheid aufgehoben werden müssten, da diese fehlerhaft seien. Er habe bereits im sozialgerichtlichen Verfahren auf Grund des Schreibens der Klinik für Ur...