Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Gegenstandswertes. Entziehung der Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung. wirtschaftliches Interesse. Wertberechnung
Orientierungssatz
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl BGH vom 12.2.1963 - AnwZ (B) 30/62 = BGHZ 39, 110) wird es in anwaltlichen Zulassungssachen in der Regel für angemessen erachtet, den Geschäftswert in Höhe der Einnahmen anzusetzen, die der Bewerber insgesamt aus der Praxis im Laufe von etwa 5-10 Jahren voraussichtlich im Falle seiner Zulassung erzielen kann oder im Falle der Versagung der Zulassung hätte erzielen können.
2. Nach Ansicht des Senats können diese Grundsätze wegen der vergleichbaren Interessenlage auch auf kassenärztliche Zulassungsstreitigkeiten übertragen werden (vgl BSG vom 21.3.1997 - 6 RKa 29/95).
3. Soweit § 4 Abs 1 Halbs 2 ZPO normiert, dass in der Rechtsmittelinstanz für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels maßgebend ist, betrifft dies die Einlegung des Rechtsmittels in der Hauptsache. Nicht übertragen werden kann dies auf die Bestimmung des Gegenstandswertes, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel eingelegt ist, sondern vielmehr die erstinstanzliche Entscheidung rechtskräftig geworden ist und im Streit lediglich der Gegenstandswert für das Verfahren im ersten Rechtszug steht; insoweit ist die Einlegung einer Beschwerde gegen einen Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss nicht gleichzusetzen mit der "Rechtsmittelinstanz" in der vorgenannten Vorschrift.
Tatbestand
Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes in einer Angelegenheit der Kassenzahnärzte.
Im Hauptsacheverfahren war die Entziehung der Zulassung des Antragsgegners zu 2 (Ag. 2) zur vertragszahnärztlichen Versorgung streitig. Der Ag. 2 ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Auf seinen Antrag vom 22.01.1993 ließ der Zulassungsausschuss für Zahnärzte ihn mit Beschluss vom 17.03.1993 den Ang. 2 zur vertragszahnärztlichen Versorgung zu. Mit Beschluss vom 10.05.1995 (ausgefertigt am 08.06.1995) entzog der Zulassungsausschuss dem Ag. 2 die Zulassung. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Beschluss des Beschwerdeführers (Bf.) vom 08.11.1995, ausgefertigt am 18.01.1996). Hiergegen hat der Ag. 2 am 06.02.1996 Anfechtungsklage (Sozialgericht (SG) Dresden, S 11 Ka 5002/96 (Ausgangsverfahren)) erhoben; im Gerichtsverfahren wurde er von der Beschwerdegegnerin (Bg.) vertreten. Das SG hat der Klage durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 25.11.1998 stattgegeben und den Bf. dazu verurteilt, dem Ag. 2 dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Die Bg. beantragte in der mündlichen Verhandlung und erneut mit Schriftsatz vom 14.06.1999 "Streitwertfestsetzung"; dem Bf. wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen (KZVS) führte in ihrem Schreiben vom 08.12.1998 aus, dass der Gegenstandswert durch die Hochrechnung der Ist-Einnahmen im Jahre 1996 auf 131.734,25 DM festzusetzen sei.
Das SG hat mit Beschluss vom 19.08.1999 den Gegenstandswert auf 820.270,00 DM festgesetzt. Dies sei unter Zugrundelegung der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitsache nach billigem Ermessen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO) gerechtfertigt. Speziell in vertragszahnärztlichen Zulassungsstreitigkeiten werde der Gegenstandswert regelmäßig anhand der Netto-Einnahmen (d. h. der Gewinne), die der Zahnarzt innerhalb einer längeren Zeitspanne aus seiner beruflichen Tätigkeit voraussichtlich erzielen könne, berechnet. Dabei seien die Verhältnisse bei Klageerhebung entscheidend. Da es vorliegend um die Entziehung einer Zulassung gehe, seien die voraussichtlichen Gewinne für einen Zeitraum von fünf Jahren abzuschätzen. Nach einer von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung durchgeführten Erhebung habe im Jahr 1996 der durchschnittliche steuerliche Einnahmen-Überschuss je Praxisinhaber aus selbstständiger zahnärztlicher Tätigkeit in den neuen Bundesländern 164.054,00 DM betragen. Dieser mit fünf vervielfältigte Betrag ergebe den festgesetzten Gegenstandswert. Der von der KZVS in der Stellungnahme errechnete Wert von 131.734,25 DM sei dagegen nicht zutreffend. Hierbei sei offensichtlich nur der Wert für das Quartal IV 1996 i. H. v. 52.693,70 DM hochgerechnet und die Einnahmen der drei anderen Quartale im Jahr 1996 nicht zugrunde gelegt worden. Zum anderen seien bei den angegebenen Werten nur die über die KZVS vereinnahmten Beträge enthalten, während der im zahnärztlichen Bereich bedeutsame Anteil an direkt erhobenen Einnahmen fehle. Schließlich sei die in der Rechnung der KZVS zugrunde gelegten Kostenquote von 50 % viel zu gering; diese betrage vielmehr im Jahr 1996 in den neuen Bundesländern 69,1 %. Da zudem auf die voraussichtlichen Gewinne bei Klageerhebung abzustellen sei, seien die tatsächlich später erzielten Gewinne ohnehin nicht maßgeblich.
Gegen den am 24.08.1999 zugestellten Beschluss richtet sich die am 03.09.1999 eingelegte Beschwerde, d...