Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten. einstweiliger Rechtsschutz. Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung. Erstattungsbescheid. Rechtsschutzbedürfnis. Ruhendstellung der Forderung. Kostenerstattung bei erfolgreicher Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Die isolierte Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts, mit dem einem Beteiligten gemäß § 192 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG Verschuldenskosten auferlegt wurden, ist gemäß § 172 Abs 1 SGG statthaft.
2. Die bloße Erklärung der Behörde, dass die Forderung ruhend gestellt wurde, lässt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf gerichtlichen Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen einen Erstattungsbescheid, der gemäß § 39 Nr 1 SGB 2 nicht kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, nicht entfallen.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren können der Staatskasse auferlegt werden, wenn die Auferlegung von Verschuldenskosten auf die Beschwerde hin aufgehoben wird.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird Ziffer 3. des Beschlusses des Sozialgerichts Dresden vom 19. April 2012, mit der der Antragstellerin Verschuldenskosten in Höhe von 150,00 EUR auferlegt worden sind, aufgehoben.
II. Die Staatskasse hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch das Sozialgericht.
In dem zugrunde liegenden Eilverfahren hat die Antragstellerin die Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beim Sozialgericht Dresden (S 38 AS 1220/12) gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Antragsgegners vom 09.11.2011 begehrt, weil sie eine Mahnung vom 11.03.2012 erhalten hatte. Darauf hat der Antragsgegner dem Sozialgericht mit Schreiben vom 26.03.2012 mitgeteilt, dass er den Schriftsatz der Bevollmächtigten der Antragstellerin zur Kenntnis genommen habe. Dem gegnerischen Anspruch sei entsprochen und die Forderung ruhend gestellt worden. Die Klageschrift aus dem Verfahren S 38 AS 1220/12 sei ihm erst am 19.03.2012 zugegangen und er sei daher nicht in der Lage gewesen, die Mahnung zu verhindern. Ein Kostengrundanerkenntnis werde nicht abgegeben. Auf die Anfrage des Sozialgerichts, ob der Eilantrag für erledigt erklärt werde, reagierte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin auch auf Erinnerung nicht. Das Sozialgericht hat außerdem mit Schreiben vom 11.04.2012 darauf hingewiesen, dass ein Festhalten an dem Antrag rechtsmissbräuchlich erscheine, was dazu führen könne, dass der Antragstellerin Gerichtsgebühren in Höhe von mindestens 150,00 EUR gemäß § 192 Abs. 1 i.V.m. § 184 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auferlegt würden.
Mit Beschluss vom 19.04.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt (1.) und über die Kostenerstattung entschieden (2.). Zugleich hat es der Antragstellerin Verschuldenskosten nach § 192 SGG in Höhe von 150,00 EUR auferlegt (3.), weil das Gericht die Antragstellerin zuletzt mit Verfügung vom 29.03.2000 (wohl ein Schreibversehen) auf die Aussichtslosigkeit der Klage und die Absicht, ihr eine Missbrauchsgebühr aufzuerlegen, hingewiesen habe. Sie habe darauf nicht reagiert.
Gegen den am 19.04.2011 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 07.05.2012 beim Sozialgericht und am 10.05.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht Beschwerde eingelegt, soweit ihr Verschuldenskosten auferlegt worden sind, und geltend gemacht, in der Antragserwiderung sei keine Prozesserklärung zu sehen, sondern lediglich Tatsachenvortrag. Prozessual sei weder inhaltlich noch in der Kostenfolge ein Anerkenntnis abgegeben worden, so dass kein prozessualer Anlass bestanden habe, eine Erledigungserklärung abzugeben. Zudem seien innerhalb der Frist und bis Fristende das Kind der Rechtsanwältin und ab 20.04.2012 bis 25.05.2012 sie selbst erkrankt gewesen (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 20.04.2012 bzw. 16.04.2012).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg.
Die allein gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG in Ziffer 3. des Beschlusses vom 19.04.2012 gerichtete Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG statthaft. Insbesondere ist sie nicht gemäß § 172 Abs. 3 SGG ausgeschlossen (so auch LSG NRW, Beschluss vom 24.06.2011 - L 6 AS 959/11 B ER, zitiert nach Juris, RdNr. 7; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 192 RdNr. 21; Hk-SGG/Groß, § 192 RdNr. 34; Peters/Sautter/Wolff, SGG. 4. Aufl. Stand Oktober 2011, § 192 e.E.). Der Beschwerdeausschluss des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG (Ausschluss der Beschwerde in Verfahren d...