Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderzuschlag. Übergangsrecht. Stichtagsregelung des § 19 Abs 3 BKGG 1996. Leistungsbewilligung vor dem 1.7.2019. vorläufige Bewilligung ausreichend. Datum des Widerspruchsbescheids nicht relevant. keine gespaltene Berechnung um die Zeitgrenze herum. einheitliche Anwendung des alten Rechts für den gesamten Bewilligungszeitraum
Leitsatz (amtlich)
Für die Verwaltungspraxis, nach der in Bezug auf eine vor dem 1.7.2019 ergangene vorläufige Bewilligung von Kinderzuschlag, die den Zeitraum von April bis September 2019 umfasste, im Rahmen einer nach dem 30.6.2019 ergangenen endgültigen Leistungsbewilligung zwischen dem Zeitraum bis zum 30.6.2019 (mit einer Leistungsberechnung auf der Grundlage eines Durchschnittseinkommens aus den Monaten April bis Juni 2019) einerseits und dem Zeitraum ab 1.7.2019 (mit einer Leistungsberechnung auf der Grundlage eines Durchschnittseinkommens aus den Monaten Januar bis Juni 2019) andererseits unterschieden wird, gibt es in § 19 Abs 3 BKGG (juris: BKGG 1996) keine Rechtsgrundlage.
Orientierungssatz
Der Kinderzuschlag ist iS des § 19 Abs 3 BKGG 1996 vor dem 1.7.2019 bewilligt worden, wenn dem Berechtigten vor diesem Zeitpunkt zumindest ein vorläufiger Bewilligungsbescheid zugegangen ist. Weder muss eine endgültige Bewilligung vorgelegen haben, noch kommt es auf den Zeitpunkt eines etwaigen Widerspruchsbescheids (hier: vom 1.7.2019) an.
Tenor
I. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufungen im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. Oktober 2020. Im Klageverfahren war zwischen den Beteiligten die Höhe des Kinderzuschlages nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) für die Monate April bis Juni 2019 streitig.
Der 1978 geborene, verheiratete Kläger hatte für seine 2004, 2008, 2013 und 2017 geborenen Kinder Kinderzuschlag bezogen. Er und seine Ehefrau erzielten Einkommen unter anderem aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit in jeweils unterschiedlicher Höhe. Für die Kinder wurde ihrem Alter entsprechend Kindergeld gezahlt.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger auf den Antrag vom 15. März 2019 hin mit Bescheid vom 27. März 2019 vorläufig Kinderzuschlag für April 2019 bis September 2019 in Höhe von 610,00 EUR monatlich.
Der Kläger legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 9. April 2019 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2019 zurückwies.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2019 beantragte der Kläger die endgültige Leistungsfestsetzung.
Die Beklagte erließ am 7. April 2020 zwei abschließende Bescheide. Mit dem hier maßgebenden bewilligte sie dem Kläger Kinderzuschlag für April 2019 in Höhe von 580,00 EUR, für Mai 2019 in Höhe von 655,00 EUR und für Juni 2019 in Höhe von 640,00 EUR. Daraus ergab sich ein Nachzahlbetrag in Höhe von 45,00 EUR. Mit dem anderen traf sie eine Entscheidung über den Zeitraum von Juli bis September 2019; Diesbezüglich ist ein weiteres Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (Az. L 3 BK 3/20 NZB) anhängig.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 22. April 2020 gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Daraufhin änderte die Beklagte mit dem den Zeitraum von April bis Juni 2019 betreffenden Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2020 die Bewilligungsentscheidung ab und setzte die Leistungen für April bis Juni 2019 auf jeweils 610,00 EUR fest. Ferner forderte sie die Erstattung eines Betrages in Höhe von 45,00 EUR. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Die Berechnung der Anspruchshöhe erfolgte auf der Grundlage des Durchschnittseinkommens des Klägers und seiner Ehefrau aus den Monaten April bis Juni 2019.
Der Kläger hat am 19. August 2020 Klage erhoben. Auf Grund von § 19 Abs. 3 BKKG sei das Durchschnittseinkommen aus dem Einkommen im Zeitraum von April bis September 2019 zu berechnen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 13. Oktober 2020 den Bescheid vom 7. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2020 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf endgültige Festsetzung von Kinderzuschlag für den Zeitraum April bis Juni 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden. Es hat moniert, dass nur 722,00 EUR an Stelle der tatsächlichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 981,81 EUR berücksichtigt worden seien und unzulässigerweise eine Verböserung im Widerspruchsverfahren erfolgt sei. Zum vorliegend relevanten Streitpunkt hat es ausgeführt, dass nach § 41a Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für das anzurechnende Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen sei, weil die Leistungsbewilligung zunächst vorläufig erfolgt sei. Nach § 41a Abs. 3 Satz 3 SGB II sei als ...