Entscheidungsstichwort (Thema)

Medizinischer Dienst der Krankenversicherung. Abrechnungsprüfung. Krankenhaus. Stichtag 1.4.2007. Geltung der vierjährigen Verjährungsfrist für Altfälle

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V für die Prüfung der Abrechnung des Krankenhauses findet auf Behandlungsfälle vor dem 01.04.2007 keine Anwendung. Für diese Altfälle gilt allein die vierjährige Verjährungsfrist.

 

Tenor

I. Der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 31. Januar 2008 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 08. Oktober 2007 wird abgelehnt.

II. Die Beschwerdegegnerin hat die Kosten in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren auf 1.643,06 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Herausgabe von Patientenunterlagen an den Medizinischen Dienst des Bundeseisenbahnvermögens (MDK).

Die Beschwerdegegnerin betreibt ein Krankenhaus. Dort wurde die bei der Beschwerdeführerin versicherte S. (im Folgenden: die Patientin) vom 17.05.2004 bis 26.05.2004 stationär behandelt. Den hierfür durch Rechnung vom 22.06.2004 geforderten Betrag von 4.929,17 EUR beglich die Beschwerdeführerin.

Mit Schreiben vom 31.07.2007 forderte die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin dazu auf, dem MDK die Unterlagen über den oben genannten Behandlungsfall wegen Kodierauffälligkeiten zur Verfügung zu stellen. Durch Schreiben vom 14.08.2007 teilte die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin mit, es bestehe wegen Fristablaufs gemäß § 275 Abs. 1 c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) keine Berechtigung zur Prüfung mehr. Die Beschwerdeführerin werde deshalb aufgefordert, das Schreiben vom 31.07.2007 für gegenstandslos zu erklären.

Mit Schreiben vom 21.08.2007 führte die Beschwerdeführerin aus, die Neuregelung von § 275 Abs. 1 c SGB V sei erst zum 01.04.2007 in Kraft getreten und demzufolge erst auf Krankenhausfälle mit Aufnahmedatum ab 01.04.2007 anwendbar. Für den in Rede stehenden Zeitraum der Krankenhausbehandlung im Jahre 2004 habe es im Land Sachsen keinen Landesvertrag nach § 112 SGB V gegeben. Somit gälten für die Rechnungsprüfung die Verjährungsfristen, die noch nicht überschritten seien.

Daraufhin hat die Beschwerdegegnerin am 08.10.2007 die unter dem Aktenzeichen S 8 KR 315/07 geführte Klage beim Sozialgericht Leipzig (SG) mit dem Antrag erhoben, die Anforderung von Unterlagen für den MDK seitens der Beklagten im Fall der Patientin für gegenstandslos zu erklären. Zugleich hat sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts gestellt: die Beschwerdeführerin zu verpflichten, die Anforderung von Unterlagen für den MDK im Behandlungsfall der Patientin wegen Verfristung zurückzunehmen.

Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, der Anordnungsanspruch folge aus § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V. Danach sei die Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Die Einleitung des Prüfverfahrens sei durch die Beschwerdeführerin nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgt. Die besondere Eilbedürftigkeit ergebe sich aus der Tatsache, dass der Beschwerdegegnerin zahlreiche verfristete Prüfanfragen für Monate oder gar Jahre zurückliegende Behandlungsfälle vorlägen und weitere verfristete Prüfanfragen zu erwarten seien. Dies bedeute für die Beschwerdegegnerin einen erheblichen und nicht zu rechtfertigenden Mehraufwand. Weiterhin seien angesichts der Dauer sozialgerichtlicher Verfahren für das sich anschließende Kostenträgerstreitverfahren Beweisverluste zu befürchten. Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung von § 275 Abs. 1 c SGB V sei es jedoch insbesondere gewesen, für eine zeitnahe Prüfung Sorge zu tragen. Es sei nicht mit der gesetzlichen Regelung vereinbar, wenn Prüfverfahren für Behandlungsfälle eingeleitet würden, bei denen die Behandlung Jahre zurückliege. Hier sei der Beschwerdeführerin nur die Möglichkeit verblieben, die Prüfung innerhalb von sechs Wochen nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung - also bis zum 15.05.2007 - einzuleiten. Ferner habe die Beschwerdeführerin das gesetzlich vorgeschriebene Prüfverfahren verletzt, indem sie selbst - und nicht der MDK - die Patientenunterlagen angefordert habe. Die Beschwerdeführerin hat an ihrer vorprozessual vertretenen Rechtsauffassung festgehalten.

Mit Beschluss vom 31.01.2008 hat das SG die Beschwerdeführerin "im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, den Antrag auf Anforderung von Unterlagen für den Medizinischen Dienst des Bundeseisenbahnvermögens, Vorberatungsstelle Berlin, Karl-Marx-Allee 90 A,10243 Berlin, im Behandlungsfall der Patientin (Aufnahme-Nummer: 10249732, Versicherten-Nummer: 5…) zurückzunehmen", ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert auf 1.250,00 EUR festgesetzt. Das SG hat ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Sicherungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen vo...

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