Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Aussetzung. Arbeitslosengeld II. befristeter Zuschlag. Arbeitslosengeldbewilligung nach SGB 3. Tatbestandswirkung der Bewilligungs- als auch Rücknahmebescheide der Agentur für Arbeit. Vorläufige Bewilligung. Ermessen. Prozesskostenhilfe. Hinreichende Aussicht auf Erfolg. Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
Ein Rücknahme- und Erstattungsbescheid für Arbeitslosengeld I entfaltet ebenso wie ein Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit Tatbestandswirkung für die Gewährung des Zuschlages nach § 24 Abs 1 S 1 SGB 2 in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung. Weder die Leistungsbehörden nach SGB 2 noch das Sozialgericht sind daher befugt, die inhaltliche Richtigkeit der Bewilligung von Arbeitslosengeld I bzw deren Aufhebung im Rahmen eines Streits um diesen Zuschlag zu prüfen.
Normenkette
SGB II a.F. § 24 Abs. 1 S. 1; SGB III § 328 Abs. 1; SGB X § 39 Abs. 1; SGG §§ 73a, 114 Abs. 2, § 172 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 114 S. 1, § 127 Abs. 2 S. 2
Tenor
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 25. Februar 2010 aufgehoben.
Den Klägern wird für das Verfahren S 17 AS 2203/09 beim Sozialgericht Dresden ab 8. September 2009 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin M… K…, D…, beigeordnet.
Derzeit sind keine Raten zu zahlen. Zahlungen aus dem Vermögen sind nicht zu leisten.
Gründe
I.
Die Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) begehren Prozesskostenhilfe für ein gerichtliches Verfahren beim Sozialgericht, mit dem sie geltend machen, das beteiligte Jobcenter (im Folgenden: Beklagter) habe ihnen für die Zeit von 01.10.2008 bis 31.03.2009 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere einen Zuschlag zum Arbeitslosengeld II (Alg II) zu zahlen.
Die 1964 geborene Klägerin zu 1 und der mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebende Kläger zu 2 (geb. 1960) beziehen seit Dezember 2006 Leistungen vom Beklagten. Sie bewohnen im L… in der B… in D… eine Wohnung mit zwei Zimmern mit Parkettböden und offener Galerie, einer hochwertigen Einbauküche (Wohnküche mit amerikanischem Stil), zwei Bädern mit Badewanne bzw. Dusche und WC, Diele, Terrasse, Keller und einem Doppelparkergaragenplatz. Laut Hauptmietvertrag vom 09.12.2000 beträgt die Wohnfläche ca. 86,7 m2 und es ist ein Mietzins in Höhe von 1.650,00 DM (843,63 EUR) zu entrichten, der sich aus einer Nettomiete von 1.350,00 DM (690,24 EUR) und der Vorauszahlung für Betriebskosten einschließlich Warmwasserversorgung in Höhe von 300,00 DM (153,39 EUR) zusammensetzt.
Der Kläger zu 2 ist bei der H… & Co AG, B… in D…, beschäftigt. Die H… & Co AG, deren alleinige Aktionärin die Mutter des Klägers zu 2, E… H…, ist, ist nach den Angaben der Kläger ein Unternehmen, das mit abgekündigten Elektrobauteilen, also Ausläuferbauteilen, handele. Die Klägerin zu 1 war seit 01.03.2002 als Vorstandsvorsitzende bestellt und führte die Geschäfte der H… & Co AG, wofür sie laut Anstellungsvertrag monatlich 1.000,00 EUR zuzüglich Tantiemen erhielt. Mit Schreiben der H… & Co AG vom 26.01.2006 wurde ihr zum 31.01.2006 gekündigt. Nach einer Gewerberegisterauskunft der Stadt D… hat die H… & Co AG ihren Sitz in der B… in D…. Ausweislich der von den Klägern vorgelegten Kassenbücher entrichtete die H… & Co AG eine monatliche Miete in Höhe von 176,40 EUR.
Im Rahmen eines früher beim Sozialgericht Dresden anhängigen Eilverfahrens (S 28 AS 935/07 ER) fand am 01.06.2007 ein Erörterungstermin statt, bei dem beide Kläger u.a. zu den Kosten der Unterkunft erklärten, sie würden definitiv nicht aus der Wohnung ausziehen. Die Auftragslage der AG sei seit drei Jahren sehr schlecht. Die Klägerin zu 1 arbeite nur noch rund zwei Stunden die Woche, da die AG keinen anderen hierfür einstellen könne. Das Familienunternehmen bestehe schon seit 1991. Die AG sei aber erst später gegründet worden. Im Handel mit Elektronikbauteilen hätten sie bis 1998 Verluste geschrieben, dann aber im Zeitraum 1998 bis 2003 zum Teil hohe Gewinne erzielt. Seither sei das Geschäft wieder deutlich zurückgegangen.
Infolge der damaligen gerichtlichen Verfahren bewilligte der Beklagte den Klägern von Dezember 2006 bis 31.03.2008 Leistungen in unterschiedlicher Höhe, zuletzt monatlich 904,98 EUR, wobei ab Januar 2008 nur noch die als angemessen angesehenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 399,00 EUR berücksichtigt wurden. Der Klägerin zu 1 wurde damals ein befristeter Zuschlag in Höhe von zuletzt 130,00 EUR gewährt. Am 28.02.2008 beantragte die Klägerin zu 1 die Fortzahlung von Leistungen unter Vorlage eines Einkommensnachweises des Klägers zu 2 über monatliche Nettoeinkünfte von 418,00 EUR und zeigte am 12.06.2008 die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung als Verkäuferin mit einem Verdienst in Höhe von 100,00 EUR monatlich an. In einem weiteren gerichtlichen Eilverfahren (S 23 AS 2809/08 ER) gab der Beklagte ein Teilanerkenntnis ab und verpflichtete sich, den Klägern vorläufig ab 09.06.2008 bis 30.09.20...