Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Fehlen hinreichender Erfolgsaussichten. Klage bei wegen Fehlerhaftigkeit des Abhilfebescheids noch nicht abgeschlossenem Widerspruchsverfahren. Berücksichtigung der Veranlassung der Klage bei Kostengrundentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn einem Widerspruch nicht in vollem Umfang abgeholfen wird, darf nicht ein Abhilfebescheid ergehen, der den Eindruck eine Vollabhilfe erweckt.

2. Die Frage, wer die Klage veranlasst hat, kann nur im Rahmen der Kostengrundentscheidung gemäß § 193 Abs 1 SGG berücksichtigt werden. Für die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage, und damit für die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung als Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ist diese Frage hingegen ohne Bedeutung.

 

Normenkette

SGG § 85 Abs. 1-2, §§ 86, 193 Abs. 1, § 73a; ZPO § 114

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. September 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren.

Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 29. Juni 2011 ein Darlehen in Höhe von 2.387,50 EUR wegen Mietrückständen und Energieschulden. Ferner verfügte er die Aufrechnung der Darlehensschuld ab dem 1. August 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR.

Auf das Widerspruchsschreiben des Klägerbevollmächtigten vom 21. Juli 2011 erließ der Beklagte unter dem 21. Oktober 2011 zwei Bescheide. In dem als Abhilfebescheid bezeichneten Bescheid hob er den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 auf und erklärte, dass damit dem Widerspruch in vollem Umfang entsprochen werde. Die weiteren Einzelheiten seien aus dem beigefügten Bescheid zu entnehmen. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten wurden im Umfang von ¼ für erstattungsfähig erklärt. Der zweite Bescheid vom 21. Oktober 2011, der als Änderungsbescheid bezeichnet ist, entspricht weitgehend dem Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011. Lediglich die Aufrechnungsregelung wurde dahingehend geändert, dass die Aufrechnung ab dem 1. August 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR und (neu) ab dem 1. November 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR erfolgte. Diesem zweiten Bescheid war der Hinweis beigefügt, dass der Bescheid gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde.

Der Klägerbevollmächtigte legte gegen die Kostengrundentscheidung im Abhilfebescheid vom 21. Oktober 2011 mit Schreiben vom 24. November 2011 Widerspruch ein.

Der Beklagte erließ unter dem 22. Februar 2012 zwei Widerspruchsbescheide. Mit dem einen (Aktenzeichenzusatz W 3222/11) wies er den Widerspruch gegen den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 nach dem Erlass des Änderungsbescheides vom 21. Oktober 2011 zurück und erklärte die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten im Umfang von ¼ für erstattungsfähig sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten als erforderlich. Mit dem zweiten Widerspruchsbescheid (Aktenzeichenzusatz W 5422/11) verwarf er den Widerspruch gegen den Abhilfebescheid als unzulässig. Es mangele am Rechtsschutzbedürfnis, weil die angefochtene Kostengrundentscheidung Gegenstand des erstgenannten Widerspruchsbescheides sei.

Der Klägerbevollmächtigte hat am 22. März 2012 in Bezug auf den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 Klage erhoben (Az. S 26 AS 1381/12). Dieses Verfahren ist im November 2012 durch ein angenommenes Anerkenntnis erledigt worden. Ebenfalls am 22. März 2012 hat er Klage in Bezug auf den Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 (Aktenzeichenzusatz W 5422/11) erhoben und einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt (Az. S 26 AS 1382/12).

Das Sozialgericht hat im Verfahren Az. S 26 AS 1382/12 den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 13. September 2012 abgelehnt. Die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Erfolgsaussicht, weil die Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig sei. Die in dieser Klage allein angefochtene Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren sei zugleich Gegenstand des Verfahrens Az. S 26 AS 1381/12.

Der Klägerbevollmächtigte hat am 11. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt. Die Klage sei von Anfang an zulässig. Es liege bereits keine doppelte Rechtshängigkeit vor, weil das Klageverfahren Az. S 26 AS 1381/12 erledigt sei. Auch sei die angegriffene Entscheidung nicht Gegenstand eines anderen Widerspruchverfahrens. Der Beklagte habe einen Vollabhilfebescheid mit dem Ausspruch einer Kostenquote erlassen. Hierbei handle es sich um eine neue Beschwer, die isoliert angegriffen werden könne. Durch den Vollabhilfebescheid sei das Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 3222/11 beendet worden.

Die Kläger beantragen:

Der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. September 2012 wird aufgehoben und den Beschwerdeführern wird für das Verfahren vor dem Sozialgeri...

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