Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderzuschlag nach § 6a BKGG 1996. Vermögensberücksichtigung. Verwertbarkeit eines geerbten Hausgrundstücks. Qualifizierung der Mieteinnahmen als Vermögensverwertung oder Einkommen. keine testamentarische Verfügungsbeschränkung durch Entwurf einer Testamentsänderung. besondere Härte. Grundstück kein Familien- oder Erbstück iS des § 90 Abs 2 Nr 6 SGB 12
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, ob es sich bei der Vermietung eines Hauses um die Verwertung von Vermögen oder ob es sich bei den Mieteinnahmen um Einkommen handelt.
2. Eine testamentarische Verfügungsbeschränkung ergibt sich nicht aus handschriftlichen Testamentsänderungsentwürfen und dem sich hieraus ergebenden Wunsch des Erblassers.
3. Vom Begriff der Familien- und Erbstücke in § 90 Abs 2 Nr 6 SGB XII werden Schmuckstücke, Möbel, Kunstgegenstände und dergleichen erfasst, nicht aber ein Grundstück.
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 12. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 12. Oktober 2017, welches ihren Antrag auf einstweilige Gewährung eines Kinderzuschlags nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) für die Zeit ab September 2017 abgelehnt hat.
Die 1983 geborene Antragstellerin lebt gemeinsam mit ihrem 1967 geborenen Ehemann und vier gemeinsamen, 2009, 2012, 2014 und 2016 geborenen Kindern, für die sie Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) in gesetzlicher Höhe erhält, in Bedarfsgemeinschaft. Die Familie bewohnt eine Wohnung in A..., für die sie eine monatliche Miete (einschließlich Nebenkosten) in Höhe von 859,15 EUR zu zahlen hat. Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten sie nicht.
Die Antragstellerin studiert seit 2006 Maschinenbau an der TU A.... Sie ist für das Wintersemester 2017/18 beurlaubt und nimmt weder an Lehrveranstaltungen noch an Prüfungen teil. Letztmalig erhielt sie am 9. Oktober 2017 Elterngeld in Höhe von monatlich 375,00 EUR. Ihr Ehemann ist seit längerem erwerbslos. Seit September 2017 nimmt er an einer Weiterbildungsmaßnahme der Bundesagentur für Arbeit teil.
Aus der Vermietung eines im Alleineigentum des Ehemannes stehenden Einfamilienhauses (Wohnfläche 115 qm; Grundstücksfläche 865 qm) in Y... (Ortsteil X...) erzielt er eine monatliche Miete von 900,76 EUR, davon eine Grundmiete von 870,00 EUR). Zuletzt hatte er nachfolgende Aufwendungen für das Haus zu tragen:
- 1. November 2017: 76,61 EUR (Baumentsorgung),
- 15. November 2017: 70,91 EUR (Grundsteuer im 4. Quartal),
- 1. Dezember 2017: 36,61 EUR (Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht [Jahresbeitrag]),
- 29. Dezember 2017: 95,00 EUR (Heizungsreparatur).
Der Ehemann der Antragstellerin hat die Immobilie im Jahr 1990 von seinem Großvater geerbt. Zeitweise wohnte er selbst dort, zuletzt in der Zeit nach der Beendigung eines Studiums in A... im Jahr 2000 bis zur Aufnahme seiner Berufstätigkeit an der TU A... im Jahr 2004. In der Folge verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach A... und vermietete die Immobile. Die derzeitigen Mieter bewohnen das Haus seit 2006. Im Oktober 2016 bezifferte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin den Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks mit einem Betrag von 178.623,00 EUR.
Die Antragstellerin beantragte erstmals im September 2016 die Gewährung eines Kinderzuschlags, was die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 9. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2017 ablehnte. Die hiergegen erhobene Klage ist beim Sozialgericht Dresden unter dem Aktenzeichen S 14 BK 22/17 anhängig.
Auf einen im Januar 2017 gestellten Antrag hin bewilligte die Antragsgegnerin ihr mit Bescheid vom 27. Februar 2017 einen Kinderzuschlag für die Zeit von Januar 2017 bis Juni 2017 in Höhe von monatlich 675,00 EUR. Wegen vorhandenen Vermögens in Gestalt des Hausgrundstücks hob die Antragsgegnerin die Entscheidung jedoch mit Bescheid vom 13. März 2017 für die Zeit ab April 2017 auf. Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 4. April 2017 Widerspruch ein.
Am 26. Juli 2017 beantragte die Antragstellerin erneut die Gewährung eines Kinderzuschlags, was die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. August 2017 ablehnte. Hiergegen legte die Antragstellerin am 8. September 2017 Widerspruch ein. Die Beteiligten haben einvernehmlich die Entscheidungen über die von der Antragstellerin eingelegten Widersprüche im Hinblick auf das beim Sozialgericht Dresden anhängige Klageverfahren ruhend gestellt.
Am 20. September 2017 hat die Antragstellerin die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Die finanziellen Mittel der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft seien nahezu aufgebraucht. Eine Veräußerung des Grundstücks könne von ihr nicht verlangt werden, da es sich um ein Erbstück ihres Ehemannes und mithin um Schonvermögen handele. Eine Veräußerung stelle eine unzumutbare Härte dar und sei zudem unwirtschaftlich. Eine Selbstnutzung komme...