Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Leistungsausschluss für Studenten bei abstrakter Förderungsfähigkeit des Studiums nach BAföG. kein besonderer Härtefall. Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Förderungsfähigkeit einer Hochschulausbildung führt bei gegebener Immatrikulation zum Ausschluss der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, ohne dass es darauf ankommt, ob das Studium betrieben wird.
2. Ein Anspruch auf Mehrbedarf wegen des Erfordernisses kostenaufwändiger Ernährung löst keinen besonderen Härtefall iS des § 7 Abs 5 S 2 SGB 2 aus.
Orientierungssatz
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 SGB 2 erstreckt sich nicht auf den Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung gem § 21 Abs 5 SGB 2. Bei konsumierenden Erkrankungen, gestörter Nährstoffaufnahme bzw Nährstoffverwertung (wie hier einer Colitis ulcerosa) ist nach den aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins ein Mehrbedarfszuschlag von 10% des Eckregelsatzes anzusetzen (hier 36 Euro).
Tenor
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 13. November 2009 wird für die Zeit vom 2. Februar 2010 bis zum 28. Februar 2010 gänzlich und im Übrigen insoweit aufgehoben, als das Sozialgericht die Beschwerdeführerin verpflichtet hat, im Zeitraum vom 6. November 2009 bis zum 1. Februar 2010 mehr als 36,00 EUR monatlich an den Beschwerdegegner zu zahlen.
Im Übrigen werden der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vom 6. November 2009 abgelehnt und die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner die außergerichtliche Kosten
des Verfahrens zu einem Zehntel zu erstatten.
III. Dem Beschwerdegegner wird mit Wirkung ab dem 20.01.2010 Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt X, L..., bewilligt.
Raten sowie Beiträge aus dem Vermögen sind derzeit nicht zu erbringen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 06.11.2009 bis 28.02.2010.
Der 1979 geborene Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden: Bg.) ist seit dem 01.10.2003 an der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur L... (HTWK) immatrikuliert. Die Förderungshöchstdauer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz endete im August 2007. Seit 1998 leidet der Bf. an Colitis ulcerosa. Im Jahre 2007 erfolgte eine Cholezystektomie.
Am 01.09.2009 beantragte der Bg. bei der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) unter Vorlage einer Immatrikulationsbescheinigung für das Wintersemester 2009/2010 sowie einer Bescheinigung der HTWK vom 14.09.2009 Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.09.2009. Er sei wegen Krankheit vom Studium im Wintersemester 2009/2010 beurlaubt. Aus der Immatrikulationsbescheinigung vom 30.08.2009 geht unter anderem eine Regelstudienzeit von acht Fachsemestern für den derzeitigen Studiengang des Bg. (Bauingenieurwesen) hervor. Des Weiteren ist angegeben, dass sich der Bg. im 15. Hochschulsemester und im 12. Fachsemester befindet. Der Bg. legte den Mietvertrag über sein 21 m² großes Apartment in einem Studentenwohnheim bei, für das er monatlich 199,00 EUR zuzüglich 19,39 EUR Heizkostenvorauszahlung zu entrichten hat. Außerdem legte der Bg. eine ärztliche Bescheinigung vom 31.08.2009 vor, wonach wegen einer verzehrenden Erkrankung, bei der ein schneller, krankheitsbedingter Gewichtsverlust von über 5% im Vergleich zu den vorausgegangenen drei Monaten zu verzeichnen sei, Krankenkost für die Zeit vom 01.09.2009 bis zum 01.02.2010 erforderlich sei.
Nachdem die Bf. den Bg. mit (unvollständig adressiertem) Schreiben vom 29.09.2009 erfolglos zur Vorlage weiterer Unterlagen aufgefordert hatte, versagte sie ihm mit Bescheid vom 29.09.2009 die begehrten Leistungen wegen mangelnder Mitwirkung. Über den hiergegen anlässlich der bei persönlicher Vorsprache des Bg. am 02.10.2009 erfolgten Aushändigung des postalisch nicht zugestellten vorgenannten Bescheides eingelegten Widerspruch liegt noch keine Entscheidung vor. Der Bg. hat bei dieser Vorsprache erklärt, bisher hätten seine Eltern seinen Lebensunterhalt sichergestellt, nachdem die Förderungshöchstdauer nach dem BAföG abgelaufen sei. Am 28.10.2009 legte der Bf. ärztliche Atteste der Universitätsklinik L... und seiner behandelnden Ärztin vor, wegen deren Inhalts auf Bl. 50 und 61 der Leistungsakte der Bf. Bezug genommen wird.
Am 06.11.2009 hat der Bg. beim Sozialgericht Leipzig (SG) vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Er sei leistungsberechtigt, insbesondere nicht gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen des SGB II ausgeschlossen.
Mit Beschluss vom 13.11.2009 hat das SG die Bf. verpflichtet, dem Bg. vorläufig ab dem 06.11.2009 bis zum 28.02.2010 Leistungen i.H.v. 550,00 EUR monatlich, längstens bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren. Aufgrund der Beurlaubung habe der Bg. dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG, so dass er nich...