Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Studenten bei abstrakter Förderungsfähigkeit des Studiums nach BAföG auch während Urlaubssemester. kein besonderer Härtefall

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Hochschulausbildung ist auch dann - mit der Folge des Ausschlusses von Leistungen nach dem SGB 2 - dem Grunde nach förderungsfähig iS des § 7 Abs 5 S 1 SGB 2, wenn ein an einer Hochschule Eingeschriebener ein Urlaubssemester absolviert. Auf den Grund für die Inanspruchnahme des Urlaubssemesters kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob die Hochschule tatsächlich besucht wird. Bei Vorliegen einer besonderen Härte können Leistungen nach dem SGB 2 gem § 7 Abs 5 S 2 SGB 2 als Darlehen erbracht werden.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 14. Juni 2010 wird aufgehoben. Der Antrag vom 09.03.2010 wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.03.2010 bis zum 31.08.2010.

Der 1986 geborene Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden Beschwerdegegner) ist seit dem 01.10.2007 an der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur L (HTWK) immatrikuliert. Ausweislich einer Bescheinigung der HTWK vom 07.10.2009 über die Beurlaubung vom Studium wurde er für das Wintersemester 2009/2010 (Zeitraum 01.09.2009 bis 28.02.2010) vom Studium beurlaubt. Grund hierfür sei die Vorbereitung auf eine Prüfung.

Am 13.10.2009 beantragte der Beschwerdegegner bei der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden Beschwerdeführerin) die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Er gab an, er habe das Urlaubssemester beantragt, da er im Grundstudium statt wie erlaubt drei Prüfungen vier Prüfungen offen habe und somit die Prüfungen der Nachfolgesemester nicht ablegen könne. Die offenen Prüfungen seien durch Krankheit und wegen einer fehlenden Zulassung zu einer Prüfung, die im Urlaubssemester nachgeholt werde, entstanden. Da ihm die Beratungsstelle an der HTWK geraten habe, ein Urlaubssemester zu nehmen, habe er es beantragt. Im Urlaubssemester bekomme man keine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Die Förderung durch BAföG sei jedoch wegen der offenen Prüfungen ohnehin ausgesetzt und werde nach Erreichen des Leistungsstandes wieder einsetzen. Eben diesen Leistungsstand werde er in dem Urlaubssemester erreichen. Dies sei möglich, da er weiterhin den Semesterbeitrag zahlen müsse und somit auch Prüfungen ablegen sowie Vorlesungen weiterhin besuchen könne. Leistungen nach dem SGB II habe er beantragt, um seine Miete und Lebenshaltungskosten decken zu können.

Die Beschwerdeführerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20.10.2009 ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II lägen nicht vor, weil der Beschwerdegegner während seines Urlaubssemesters weiterhin sein Studium betreibe. Er hole offene Prüfungen nach, besuche Vorlesungen und zahle den Semesterbeitrag. Der Beschwerdegegner legte hierauf einen Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung des Studentenwerks L vom 16.10.2009 vor, wonach Leistungen nach dem BAföG wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 15 Abs. 2 BAföG für den Bewilligungszeitraum Oktober 2009 bis Februar 2010 abgelehnt wurden. In Kalendermonaten, für die der Auszubildende beurlaubt sei, bestehe kein Anspruch auf Ausbildungsförderung.

Mit dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.10.2009 führte der Beschwerdegegner aus, er sei für den Arbeitsmarkt frei verfügbar. Er müsse jedoch den Semesterbeitrag bezahlen, um dann nach dem Urlaubssemester weiter studieren zu dürfen. Weiterhin habe er die Möglichkeit, sich für offene Prüfungen anzumelden, um diese nachholen zu können. Die Vorlesungen dürfe er in dieser Zeit nicht besuchen, jedoch habe er erklärt, dass er an Vorlesungen teilnehmen werde, da dies manchmal geduldet werde. Die Vorbereitung zur Weiterführung seines Studiums finde komplett in seiner Freizeit statt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 15.04.2010 beantragte der Beschwerdegegner wiederum die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Dem Antrag war eine Erklärung des Beschwerdegegners beigefügt, er gebe eine Erklärung zu den Gründen der Beurlaubung vom Studium nicht ab, da eine solche nicht erforderlich sei. Ferner legte er eine Bescheinigung der HTWK vom 14.10.2010 über die Beurlaubung vom Studium für das Sommersemester 2010 (Zeitraum 01.03.2010 bis 31.08.2010) vor. Als Grund der Beurlaubung ist auf der Bescheinigung vermerkt "sonstige Gründe". Der Antrag wurde mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 27.04.2010 abgelehnt. Nach Aktenlage ergebe sich kein neuer Tatbestand hinsichtlich der Beurlaubung vom Studium. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner sein Studium ents...

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