Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung. Erstattung zu Unrecht entrichteter Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile. Verzinsung. Beginn. keine Hinderung der Aufrechnung durch Verjährungseinrede. Aufrechnungserklärung. erkennbarer Wille zur Aufrechnung muss deutlich sein. Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts

 

Orientierungssatz

1. Maßgeblich für den Beginn der Frist bis zum Einsetzen der Verzinsung des Erstattungsanspruchs ist der Eingang des Erstattungsantrags beim für die Erstattung zuständigen Versicherungsträger, wobei dem zuständigen Träger mindestens ein voller Kalendermonat Zeit für die Prüfung des Erstattungsanspruchs eingeräumt wird. Da ihn allein diese Prüfpflicht trifft, darf er nicht schon dann mit Zinsen belastet werden, wenn er - zB bei verspäteter Weiterleitung des Erstattungsantrages - überhaupt noch keine Möglichkeit hatte, den Erstattungsantrag zu prüfen.

2. Eine teilweise Verjährung des Erstattungsanspruchs hindert unabhängig davon, ob sich der Versicherungsträger (hier: Bundesagentur für Arbeit) darauf beruft oder berufen kann, eine Aufrechnung nicht, weil es genügt, dass die Hauptforderung erfüllbar ist, ohne dass es darauf ankommt, ob sie einredebehaftet ist.

3. Eine Aufrechnungserklärung muss nicht ausdrücklich erfolgen. Es reicht vielmehr, wenn sich der Wille, aufrechnen zu wollen, aus den Umständen deutlich ergibt. Dafür genügt es unter anderem auch, wenn anstatt der Abgabe einer Aufrechnungserklärung ein tatsächlich nicht bestehendes Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wird.

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1. begehrt für in Höhe von 4.095,01 DM für die Zeit vom 01.01.1996 bis 29.02.2000 bereits erstattete Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung Zinsen von 4 % jährlich ab dem jeweiligen Zeitpunkt der Beitragszahlung und die Klägerin zu 2. Erstattung zu Unrecht entrichteter Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 4.095,01 DM für die Zeit vom 01.01.1996 bis 29.02.2000 zuzüglich 4 % Zinsen jährlich ab dem jeweiligen Zeitpunkt der Beitragszahlung.

Der Kläger zu 1. war - ohne Gesellschafter zu sein - seit Januar 1993 Geschäftsführer der Klägerin zu 2., die zunächst als M Bau-Service GmbH und ab 01.12.1993 als H-Bau-Service GmbH firmierte. Gesellschafter der Klägerin zu 2. waren zunächst bis Juli 1993 die Ehefrau des Klägers zu 1. (eine Lehrerin) und der Sohn des Klägers zu 1. (damals Medizinstudent, inzwischen Arzt), von Juli 1993 bis Oktober 1994 zusätzlich eine weitere GmbH zu 49 % und danach wieder allein Ehefrau und Sohn. Der Sohn war zudem von Januar 1993 bis Januar 1999 zugleich weiterer Geschäftsführer der Klägerin zu 2. und als solcher ebenso wie der Kläger zu 1. einzeln und uneingeschränkt vertretungsbefugt. Der am 15.02.2000 von der Klägerin zu 2. selbst gestellte Insolvenzantrag wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 28.03.2000 mangels Masse abgelehnt und der Kläger zu 1. Liquidator der Klägerin zu 2..

Außerdem bewilligte die Beklagte 4 ehemaligen Arbeitnehmern der Klägerin zu 2. auf deren Anträge vom 18.02.2000 (2 x), 28.06.2000 und 10.08.2000 Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt 15.145,82 DM wegen ihrer insolvenzbedingt ausgefallenen Lohnansprüche.

Von der Klägerin zu 2. waren vom 01.01.1996 bis 29.02.2000 für den Kläger zu 1. als Geschäftsführer Gesamtsozialversicherungsbeiträge an die Beigeladene als Einzugsstelle entrichtet worden, wobei die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für diesen Zeitraum jeweils insgesamt 4.095,01 DM betrugen.

Aufgrund einer Betriebsprüfung am 10.05.2000 stellte der Rentenversicherungsträger mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2001 fest, dass der Kläger zu 1. für den Prüfzeitraum 01.01.1996 bis 29.02.2000 als Geschäftsführer selbständig tätig gewesen sei und nicht in einem versicherungs- und beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Demgegenüber hatte der Rentenversicherungsträger bei der vorherigen Betriebsprüfung am 14.02.1996 für den vorangegangenen Prüfzeitraum 01.01.1994 bis 31.12.1995 die Versicherungspflicht des Klägers zu 1. nicht beanstandet.

Zuvor hatte der Kläger zu 1. allerdings bereits mit Schreiben vom 14.09.1995 bei der Beigeladenen angefragt, ob bezüglich seiner Stellung als angestellter Geschäftsführer die Eigenschaft als Arbeitnehmer gefährdet sei. Er habe bisher keine Anzeichen über Zweifel an dieser Eigenschaft festgestellt, wolle aber weitere Klarheit haben. Falls er hierauf keine Antwort erhalte, gehe er davon aus, dass die Beigeladene keine Bedenken hinsichtlich der Beurteilung seiner Stellung habe.

Nachdem das vorangegangene Prüfverfahren des Rentenversicherungsträgers aufgrund der Betriebsprüfung am 14.02.1996 mit einem - nicht den Kläger zu 1., sondern seinen Sohn betreffenden und dessen Versicherungspflicht feststellenden - Bescheid vom 22.11.1996 beendet war, hatte der Kläger zu 1. mit weiterem Schreiben vom 18.12.1996 der Beigeladenen mitgeteilt, dass damit ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?