Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. tägliches Bemessungsentgelt. Erweiterung des Bemessungsrahmens wegen unbilliger Härte. Unterschied von 10%

 

Leitsatz (amtlich)

Übersteigt das Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen das Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungsrahmen um weniger als 10%, bleibt die Indizfunktion des Bemessungsentgeltes aus dem Regelbemessungsrahmen erhalten. Eine Unbillige Härte iS von § 130 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 3 liegt in diesen Fällen nicht vor.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt die Verpflichtung der Beklagten, ihm Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines auf 2 Jahre erweiterten Bemessungszeitraums zu bewilligen.

Der am … 1950 geborene Kläger war, zuletzt als Bauleiter, bis 31. Dezember 2004 versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 4. Oktober 2004 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Das Formblatt trägt den schriftlichen Vermerk “Bitte bei Bemessung beachten, dass zwischenzeitlich geringeres Einkommen erzielt wurde„.

Die Arbeitsbescheinigung der Firma MG E… St… P… GmbH vom 5. Januar 2005 weist für die letzen 12 Zeitmonate der Beschäftigung des Kläger folgende Bruttoarbeitsentgelte aus:

12/02    

4.606,00 EUR

01/03 

4.452,00 EUR

02/03 

4.607,00 EUR

04/03 

5.064,00 EUR

05/03 

4.846,00 EUR

06/03 

5.489,00 EUR

07/03 

5.509,00 EUR

08/03 

5.629,00 EUR

09/03 

5.335,00 EUR

10/03 

5.796,00 EUR

11/03 

5.691,00 EUR.

Aus der Arbeitsbescheinigung des Bildungszentrums für Schweiß- und Konstruktionstechnik P… GmbH vom 14. Dezember 2004 sind für die letzten 12 Zeitmonate der Beschäftigung des Klägers folgende Bruttoarbeitsentgelte zu entnehmen:

Januar 2004

4.133,10 EUR

Februar 2004

4.133,10 EUR

März 2004

4.133,10 EUR

April 2004

4.133,10 EUR

Oktober ab 18.10.2004

1.928,78 EUR

November 2004

4.133,10 EUR

Dezember 2004

4.133,10 EUR.

Für den Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis 17. Oktober 2004 ergeben sich nach der Arbeitsbescheinigung der S… A…und M… GmbH vom 15. Oktober 2004 folgende Bruttoarbeitsentgelte:

01.05. - 31.05.04  

2.901,28 EUR

01.06. - 30.06.04

2.901,28 EUR

01.07. - 31.07.04

2.901,28 EUR

01.08. - 31.08.04

2.901,28 EUR

01.09. - 30.09.04

2.901,28 EUR

01.10. - 17.10.04

1.520,38 EUR.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2005 in Höhe von täglich 46,73 EUR. Sie legte dabei einen Bemessungsrahmen vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004, ein Arbeitsentgelt von 42.754,46 EUR bei 366 Kalendertagen und daraus folgend ein tägliches Bemessungsentgelt von 116,82 EUR zugrunde.

Den vom Kläger am 12. Februar 2002 unter Hinweis auf die Beantragung des erweiterten Bemessungszeitraumes eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2005 zurück. Der Bemessungszeitraum umfasse die Entgeltzeiträume von 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004. Der Sonderfall einer unbilligen Härte, der eine andere Bemessung möglich mache, liege nicht vor. Das Bemessungsentgelt das auf 2 Jahre erweiterten Bemessungsrahmens liege nicht um 10 % über dem Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungszeitraum.

Die Klage vom 21. Juni 2005 hat das Sozialgericht Chemnitz mit Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2005 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 erzielten Arbeitsentgelts. Eine unbillige Härte im Sinne des § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung liege nicht vor. Nach dieser Vorschrift sei der Bemessungsrahmen auf 2 Jahre zu erweitern, wenn es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen. Dem Charakter als Ausnahmevorschrift entsprechend müsse aber ein deutlicher Einkommensunterschied feststellbar sein. Die Kammer folge der Auffassung der Beklagten, dass eine unbillige Härte grundsätzlich erst ab einer Differenz von 10 % zwischen dem (niedrigeren) Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungsrahmen und dem (höheren) Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen in Betracht komme. Eine solche Mindestdifferenz sei nicht feststellbar, wenngleich der Kläger im Jahr 2004 weniger Arbeitsentgelt als im Jahr 2003 erzielt habe. Das tägliche Bemessungsentgelt des einjährigen Regelbemessungsrahmens betrage 116,82 EUR. Ein um 10 % erhöhtes Bemessungsentgelt, also 128,50 EUR, werde auch im erweiterten Bemessungsrahmen nicht erzielt. Vielmehr betrage das tägliche Bemessungsentgelt im zweijährigen Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 nur 127,68 EUR. Auch wenn der Kläger regelmäßig mehr Arbeitsentgelt erzielt habe, sei für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. November 2003 Arbeitsentgelt nur bis zur Höhe der B...

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