Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage
Leitsatz (amtlich)
Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
Normenkette
AAÜG §§ 1, 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 6, § 8 Abs. 1; AAÜG Anl. 1 Nr. 1; AGB DDR § 28 Abs. 1-2, § 116; SGB IV §§ 14, 28f Abs. 5; SGB VI §§ 149, 256a Abs. 2; SGB X § 23 Abs. 1 S. 2; SGG § 128 Abs. 1 Sätze 1-2, § 202; ZPO § 287 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 22. Mai 2015 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 18. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2015 verurteilt, den Bescheid vom 16. März 2005 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1975 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen sind:
Für das Jahr:
1975 |
509 Mark |
1976 |
524 Mark |
1977 |
524 Mark |
1978 |
571 Mark |
1979 |
642 Mark |
1980 |
625 Mark |
1981 |
669 Mark |
1982 |
662 Mark |
1983 |
648 Mark |
1984 |
731 Mark |
1985 |
706 Mark |
1986 |
729 Mark |
1987 |
901 Mark |
1988 |
963 Mark |
1989 |
898 Mark |
1990 |
898 Mark |
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1974 bis 1990 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1950 geborenen Kläger wurde, nach einem Studium in der Fachrichtung Polygraphische Technik und Papierverarbeitungstechnik an der Technischen Universität K…-M…-S… in der Zeit von September 1968 bis August 1972, mit Urkunde vom 22. September 1972 der akademische Grad “Diplom-Ingenieur„ verliehen. Er war vom 18. September 1972 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) zunächst als Konstrukteur, später als Mitarbeiter für Forschung und Entwicklung im volkseigenen Betrieb (VEB) Polygraph Druckmaschinenwerk P… bzw. im VEB Druckmaschinenwerk P… beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Mit Bescheid vom 16. März 2005 stellte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 18. September 1972 bis 30. Juni 1990 als “nachgewiesene Zeiten„ der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die rückwirkende Neufeststellung der Zusatzversorgungszeiten unter Einbeziehung von Jahresendprämien als glaubhaft gemachtes Entgelt. Dem Antrag fügte er eine schriftliche Erklärung des Zeugen G… P… vom 8. Mai 2014 bei, aus der sich ergibt, dass an alle Mitarbeiter des VEB Polygraph Druckmaschinenwerk P… jährlich eine Jahresendprämie ausgezahlt wurde. In einer weiteren, auf Veranlassung der Beklagten erstellten, Formblatt-Zeugenerklärung vom 27. Oktober 2014 bestätigte der Zeuge G… P… diese Angaben; daraus ergibt sich, dass die Jahresendprämien - auch an den Kläger - vom Betrieb für die Beschäftigungsjahre von 1974 bis 1990 bar ausgezahlt wurden.
Mit Bescheid vom 18. November 2014 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2015 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Bescheid vom 23. August 2011 könne nicht abgeändert werden, da der Zufluss der begehrten zusätzlichen Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei. Die Zeugenerklärung reiche nicht aus, um Grund und Höhe weiterer Entgelte über mehrere Jahrzehnte glaubhaft zu machen.
Die hiergegen am 23. Februar 2015 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Gerichtsbescheid vom 22. Mai 2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe den Zufluss von Jahresendprämien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Zwar habe er durch die Zeugenerklärung die Zahlung von Jahresendprämien im Betrieb als solche glaubhaf...