Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderversorgung im Beitrittsgebiet. tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt. Berücksichtigung von Verpflegungsgeld. …. Grundsätzliche Bedeutung einer Berufungssache
Leitsatz (amtlich)
Das für Angehörige der Nationalen Volksarmee der DDR gezahlte Verpflegungsgeld ist als Arbeitsentgelt nach dem AAÜG festzustellen (Anschluss an LSG Berlin-Potsdam vom 31.1.2013 - L 22 R 449/11).
Orientierungssatz
1. Der Berücksichtigung des gezahlten Verpflegungsgeldes als Arbeitsentgelt stehen § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 und S 2 SGB 4 iVm § 1 S 1 ArEV idF vom 12.12.1989 nicht entgegen.
2. Ob Einnahmen eines Versicherten, wie das Verpflegungsgeld, lohnsteuerfrei und somit nicht dem Arbeitsentgelt zuzuordnen sind, bestimmt sich für AAÜG-Versorgungsberechtigte nach dem am 1.8.1991 geltenden bundesdeutschen Steuerrecht.
3. Wenn die unentgeltliche Verpflegung eines Soldaten im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung keine steuerfreie, sondern regelmäßig mangels einer Steuerbefreiungsnorm eine steuerbare und steuerpflichtige Einnahme ist (vgl BFH vom 24.3.2011 - VI R 11/10 = BFHE 233, 171 = BStBl II 2011, 829), kann dies für ein Verpflegungsgeld, unabhängig davon, ob es als originäre Barleistung oder als Substitution für eine Sachleistung erbracht wird, nicht anders sein (Anschluss an LSG Berlin-Potsdam vom 31.1.2013 - L 22 R 449/11).
Normenkette
AAÜG § 8 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, 3 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 S. 1; SGB VI § 256a Abs. 2 S. 1, § 259b Abs. 1 S. 1, § 64; SGB IV § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 14 Abs. 1; ArEV § 1 S.1 Fassung: 1989-12-12; EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 2 Fassung: 1990-09-07, § 3 Nr. 4 Buchst. c, Nrn. 12-13, 16; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 31 S. 1; SGG § 160 Abs. 2. S. 1
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14. Februar 2012 und der Bescheid der Beklagten vom 30.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2009 abgeändert. Die Beklagte wird verpflichtet, in Abänderung des Bescheides vom 24.7.2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.8.2000 dem Kläger gewährtes Verpflegungsgeld für die Zeiten vom 1.1.1990 bis 30.9.1990 in Höhe von 1.264,25 Mark/DM als weiteres Arbeitsentgelt festzustellen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel dessen notwendiger außergerichtlicher Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Berücksichtigung an ihn gezahltes Verpflegungsgeld als weiteres erzieltes Arbeitsentgelt.
Der im … 1942 geborene Kläger war vom 31.8.1961 bis 30.9.1990, zuletzt im Dienstgrad eines Oberst, Angehöriger der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR.
Mit Bescheid vom 24.7.2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.8.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.10.2000 stellte die Wehrbereichsverwaltung VII die Zeiten vom 1.4.1962 bis 30.9.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen der NVA nach Anlage 2 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) und die für diesen Zeitraum erzielten Entgelte fest, wobei sich die ermittelten Jahresbruttoarbeitsentgelte aus den vorliegenden Karten der Dienstbezüge unter Einschluss des gezahlten Wohnungsgeldes ergaben. An den Kläger gezahltes Verpflegungsgeld blieb unberücksichtigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.1.2006 hob die Beklagte auch die bislang vorgenommene Begrenzung der Entgelte für den Zeitraum vom 1.1.1989 bis 17.3.1990 auf. Danach überschreiten die für den Kläger festgestellten Entgelte für die Zeiten vom 1.1.1969 bis 31.12.1989 die Beträge der Anlage 3 zum AAÜG und damit nach Hochrechnung auch die jeweilige allgemeine Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Im November 2008 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R - die Überprüfung der festgestellten Arbeitsentgelte. Neben dem Entgelt aus Dienstgrad, Dienststellung und Dienstalter sowie Zulagen sei auch das Verpflegungsgeld als Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 30.4.2009 lehnte die Wehrbereichsverwaltung Ost diesen Antrag ab. Das Urteil des BSG beziehe sich auf Angehörige in einem Zusatzversorgungssystem und die Anerkennung einer gezahlten Jahresendprämie. Die Feststellungen dieses Urteils seien nicht auf die Sonderversorgungssysteme übertragbar, da beide Versorgungssysteme strukturell nicht vergleichbar seien. Dem Kläger sei als Entgelt die beitragspflichtige Vergütung auf der Grundlage der Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Versorgungsordnung) bescheinigt worden. Dieses Entgelt umfasse die Vergütung für den Dienstgrad, die Dienststellung, das Dienstalter und die Zulagen. Zusätzlich sei auch das Wohnungsgeld berücksichtigt worden. Die Z...