Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung. Mobilitätshilfe. auswärtige Arbeitsaufnahme. Fahrkostenbeihilfe. wechselnder Einsatzort. Aufwendungsersatz durch Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
1. Mobilitätsbeihilfen sollen nicht die Kosten für eine Einsatzwechseltätigkeit, dh für eine Tätigkeit mit typischerweise ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, abdecken (vgl LSG Chemnitz vom 7.6.2007 - L 3 AL 303/05).
2. Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Erstattung von fiktiven, d.h. tatsächlich nicht angefallenen, Fahrkosten von der Wohnung zur Niederlassung des Arbeitgebers.
Orientierungssatz
Die im Zusammenhang mit einer Einsatzwechseltätigkeit anfallenden Zusatzkosten für den Arbeitnehmer muss grundsätzlich der Arbeitgeber nach der Regelung des § 670 BGB tragen, die auch auf Dienst- und Arbeitsverhältnisse anwendbar ist.
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 27. Juni 2007 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von höherer Fahrkostenbeihilfe.
Die 1962 geborene Klägerin ist in G. wohnhaft und schloss am 22. Oktober 2005 mit der Firma V. P. GmbH H., Niederlassung D., einen Arbeitsvertrag als Produktionsarbeiterin. Die Klägerin wurde ab dem 24. Oktober 2005 für den Einsatz bei verschiedenen Kunden der Arbeitgeberin im Bereich Sachsen für nicht näher umschriebene Produktionsarbeiten eingestellt.
Am 21. Oktober 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe. Sie gab an, ab dem 24. Oktober 2005 bei der Firma U. in M. eingesetzt zu sein und mit dem Pkw zur Arbeitsstelle zu fahren (130 km Hin- und Rückfahrt).
Mit Bescheid vom 7. November 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Fahrkostenbeihilfe ab dem 24. Oktober 2005 bis zum 23. April 2006. Sie ging von einer Pendelstrecke zwischen Wohnort und Sitz des Arbeitgebers von 56 km aus, zog hiervon 20 km als “Eigenanteil„ ab und errechnete eine Beihilfe in Höhe von 7,20 EUR arbeitstäglich.
Den hiergegen am 14. November 2005 eingelegten Widerspruch der Klägerin, mit dem diese auf eine arbeitstäglich zurückzulegende Pendelstrecke von 120 km zwischen Wohnort und Arbeitsort in M. abstellte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2005 zurück. Als Arbeitsstelle sei der Ort anzusehen, an dem der Arbeitgeber die Vorkehrungen zur Verrichtung der Arbeit treffe. Das sei in der Regel der Sitz des Arbeitgebers als Organisationseinheit bzw. eine Niederlassung desselben. Bei Fahrten zu von diesem Sitz abweichenden Einsatzorten sei der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht im nach § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gefordert. Als Arbeitgeber der Klägerin sei die V. P. GmbH anzusehen. Da anderweitige Vereinbarungen über den Arbeitsort dem Arbeitsvertrag nicht zu entnehmen seien, sei vorliegend auf den Sitz der Niederlassung in D. abzustellen, so dass sich auch in Ausübung des eingeräumten Ermessens kein höherer Anspruch ergebe.
Auf die von der Klägerin am 4. Januar 2006 erhobene Klage hin hat das Sozialgericht mit Urteil vom 27. Juni 2007 den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2005 abgeändert und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin für den darin genannten Bewilligungszeitraum Fahrkostenbeihilfe unter Berücksichtigung der zwischen dem Wohnort der Klägerin und deren Einsatzort bei der Firma U..(18,80 EUR statt 7,20 EUR arbeitstäglich) zu zahlen. Nach § 54 Abs. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) sei auf die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten und nicht auf eine fiktive Wegstrecke abzustellen. Die Erstattung erfasse die Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Ein “Eigenanteil„ von 10 km einfacher Fahrt sei nicht in Ansatz zu bringen. Die tatsächlich 94 km umfassende Pendelstrecke sei arbeitstäglich mit 0,20 EUR/km zu vergüten.
Gegen dieses ihr am 16. Juli 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9. August 2006 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass die Niederlassung der Firma V. P. GmbH H. in D. als Arbeitsstelle der Klägerin im Sinne von § 53 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SGB III anzusehen sei. Sie hat ergänzt, dass sich dies auch aus dem Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juni 2007 (Az.: L 3 AL 303/05) ergebe. Dass gegebenenfalls wechselnde Einsatzorte nicht als “Arbeitsstelle„ anzusehen seien, habe das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 25. Juni 1998 (Az.: 6 AZR 475/96) entschieden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 27. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den ...