Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtleistungsbewertung bei der Rentenberechnung. Bewertung von betragsfreien Zeiten. Hochschulausbildung. Fachschulausbildung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die §§ 74 S 4 und 263 Abs 3 S 4 SGB 6 idF des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1791) verstoßen im Hinblick auf die unterschiedliche Bewertung von Anrechnungszeiten bei Hochschulabsolventen einerseits und Fachschulabsolventen oder Versicherten mit berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen anderseits nicht gegen Verfassungsrecht (vgl LSG Stuttgart vom 17.3.2009 - L 9 R 5981/07).
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 7. August 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger als Dauerrente gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung und in diesem Zusammenhang über eine höhere Bewertung der Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung des Klägers.
Der ... 1960 geborene Kläger besuchte von 1966 bis 1976 die Polytechnische Oberschule und bestand im Rahmen einer Berufsausbildung mit Abitur die Reifeprüfung (Urkunde vom 13. Juli 1979). Von September 1981 bis August 1985 studierte der Kläger erfolgreich an der Ingenieurhochschule Z und erlangte dort mit Urkunde vom 31.08.1985 die Berechtigung, den akademischen Grad "Diplomingenieur" zu führen. Von Mai 1995 bis April 1996 nahm der Kläger an einer Fachschulausbildung beim Bildungswerk der Wirtschaft S A teil.
Nach Kontenklärungsverfahren und medizinischer Sachverhaltsaufklärung gewährte die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 13.05.2008 mit Bescheid vom 12.12.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer; der monatliche Zahlbetrag betrug 874,60 € bei einer Nachzahlung in Höhe von 7.115,66 €. Der Rentenberechnung lagen 41,7054 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zu Grunde. Im Versicherungsverlauf berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 01.09.1976 bis 15.07.1979 als Zeit der beruflichen Ausbildung mit Pflichtbeiträgen, den Zeitraum vom 05.09.1981 bis 31.08.1985 als Zeit der Hochschulausbildung und den Zeitraum vom 02.05.1995 bis 30.01.1996 als Zeit der Fachschulausbildung mit Pflichtbeitragszeiten. Bei der im Rahmen der Feststellung von Entgeltpunkten für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten vorzunehmenden Grundbewertung wurden im belegungsfähigen Gesamtzeitraum vom 29.03.1977 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis 25.09.2007 (Eintritt der Erwerbsminderung) 47 Monate als nicht belegungsfähige Kalendermonate angesetzt; zugleich wurde der Zeitraum der Hochschulausbildung vom 01.10.1981 bis 30.11.1983 mit 26 Monaten als Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung berücksichtigt. Die Beklagte bewertete diesen Zeitraum mit 0,0104 Entgeltpunkten je Monat unter Anwendung der §§ 74; 263 Abs. 3 SGB VI in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.07.2004. Die Berechnung als solche und die zu Grunde gelegten rentenrechtlichen Zeiten sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. Auf den Bescheid im Übrigen (Bl. 156 ff. Verwaltungsakte) wird Bezug genommen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er sich gegen die Art und Weise der Bewertung der Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung wandte. Bei einem Rentenbeginn vor Februar 2005 seien diese Zeiten noch mit 0,0625 Entgeltpunkten je Monat zu bewerten gewesen. Nach Ansicht des Klägers seien §§ 74; 263 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes verfassungswidrig. Die Regelungen hätten zur Folge, dass bei dem Kläger Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung abweichend von dem bis 31.12.2004 geltenden Recht mit monatlich nur noch 0,0104 Entgeltpunkten bewertet würden. Demgegenüber sei die Bewertung von Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung mit monatlich weiterhin 0,0625 Entgeltpunkten nicht geändert worden. Der Gesetzgeber habe diese Differenzierung zwischen Hochschulausbildung und Fachschulausbildung ohne ausreichenden Sachgrund vorgenommen, sodass ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vorliege. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 17.03.2009). Die Beklagte habe sich an das geltende und sie als Behörde bindende materielle Recht gehalten.
Mit der am 01.04.2009 zum Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat der Kläger, im Wesentlichen mit gleicher Begründung sein Begehren weiterverfolgt. Er hat in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger vorgelegt, die anlässlich der öffentlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung des Deutschen Bundestages am 11.02.2004 zum RV-Nachhaltigkeitsgesetz abgegeben worden war.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung ...