Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander. Verzinsung des Erstattungsanspruchs eines Grundsicherungsträgers. fehlende Rechtsgrundlage
Leitsatz (amtlich)
Träger der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben keinen Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsanspruchs gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger. Ein Verzinsungsanspruch folgt weder aus § 108 Abs 2 S 1 SGB 10 noch aus einer analogen Anwendung dieser Vorschrift, weil eine unbeabsichtigte Regelungslücke nicht zu konstatieren ist. Ein Verzinsungsanspruch folgt auch nicht aus § 291 BGB oder aus § 44 Abs 1 SGB 1.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 81,90 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verzinsung einer, von der Beklagten im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 819,51 Euro befriedigten, Erstattungsforderung des Klägers.
Seit 5. Dezember 2005 bezieht der Berechtigte (S… K…) von der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Der Kläger bewilligte dem Berechtigten zuletzt mit Bescheid vom 11. Januar 2007 für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 529,25 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2007, in Höhe von 497,58 Euro für den Monat April 2007 sowie in Höhe von 479,25 Euro für den Zeitraum vom 1. Mai bis 30. Juni 2007. Wegen einer dem Berechtigten, der bei der Beklagten rentenversicherungspflichtig ist, ab 10. Mai 2007 bewilligten und am 17. Juni 2007 abgebrochenen Rehabilitationsmaßnahme stand dem Berechtigten ein (vorrangiger) Anspruch auf Übergangsgeld gegen die Beklagte zu.
Auf die entsprechende Information der Beklagten an den Kläger hinsichtlich des vorrangigen Anspruchs des Berechtigten auf Übergangsgeld bezifferte der Kläger den ihm zu erstattenden Betrag erstmals mit Schreiben vom 2. August 2007 auf 820,20 Euro und mahnte die ausbleibende Zahlung mit Schreiben vom 23. Juni 2008 und 29. September 2009 an, ohne dass die Beklagte hierauf reagierte.
Daraufhin hat der Kläger am 15. Januar 2010 beim Sozialgericht Dresden Klage auf Zahlung von 985,46 Euro erhoben, worauf die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. März 2010 einen Betrag in Höhe von 819,51 Euro anerkannte und bereits am 12. März 2010 zur Anweisung an den Kläger brachte, ohne die behauptete Verpflichtung zur Verzinsung zu akzeptieren. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis am 28. Januar 2011 angenommen und die darüber hinausgehende Erstattungsforderung im Termin der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht Dresden am 15. März 2011 zurückgenommen, jedoch am Verzinsungsantrag festgehalten. Das Sozialgericht Dresden hat mit Urteil vom 15. März 2011 die Beklagte verurteilt, den Erstattungsanspruch in Höhe von 819,51 Euro, beginnend ab 1. Oktober 2007 und endend zum 28. Februar 2010, zu verzinsen und den sich daraus ergebenden Betrag an den Kläger auszuzahlen. Zugleich hat es im Urteil vom 15. März 2011 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen und zur Begründung ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Verzinsungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 108 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zu, weil der Kläger als Träger der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende einem Träger der Sozialhilfe gleichgestellt werden könne. Beide Leistungsträger würden Leistungen des soziokulturellen Existenzminimums erbringen, weshalb eine Gleichbehandlung des Trägers der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit dem ausdrücklich in § 108 Abs. 2 SGB X erwähnten Träger der Sozialhilfe gerechtfertigt sei. Mit Beschluss vom 19. April 2011 hat das Sozialgericht Dresden den Streitwert des sozialgerichtlichen Verfahrens auf einen Betrag in Höhe von 985,46 Euro festgesetzt.
Gegen das ihr am 21. April 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Mai 2011 Berufung eingelegt, mit der sie die Klageabweisung, soweit das Sozialgericht dem Kläger einen Anspruch auf Verzinsung zugesprochen hat, begehrt. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verzinsung, weil keine gesetzliche Grundlage existiere, auf die sich ein Zinszahlungsanspruch stützen könne. Die Vorschrift des § 108 Abs. 2 SGB X bestimme mit seinem eindeutigen Wortlaut abschließend die Träger, denen auf Antrag ein Zinsanspruch zustehe. Der Verzinsungspflicht unterfielen nur Erstattungsansprüche der Träger der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe. Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien daher nicht zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochte...