Verfahrensgang
SG Dresden (Urteil vom 26.01.1996; Aktenzeichen So 2 RV An 363/92) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26. Januar 1996 in Ziffer 1 und 2 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Kraftfahrzeugbeihilfe.
Der heute … Kläger leidet seit seiner Kindheit an einer Muskeldystrophie mit schweren Behinderungen der Beweglichkeit. Seit Vollendung seines 18. Lebensjahres (…) bezieht er eine Invalidenrente, die zum 01. Jan. 1992 in eine Erwerbsunfähigkeitsrente umgewandelt wurde. Bei einem Grad der Behinderung von 100 wurde ihm das Merkzeichen „B” und „aG” zuerkannt. Im Wintersemester 1990 begann er sein Studium der Geschichte und Germanistik (Abschluß Magister) an der Humboldt-Universität Berlin; er befindet sich jetzt im dreizehnten Semester. Im Oktober 1991 stellte er einen Antrag auf Kraftfahrzeughilfe: Für die Wege zwischen seiner Wohnung und der Universität benötige er ein Kfz, da er öffentliche Verkehrmittel nur mit fremder Hilfe benutzen könne und nur ganz eingeschränkt Gegenstände z.B. Bücher mit sich führen könne.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. Januar 1992 den Antrag ab. Der Kläger studiere und stehe daher nicht in einem Arbeitsverhältnis.
Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 03. April 1992; zugestellt am 11. April 1992).
Am 26. Januar 1993 hat das Sozialgericht Dresden der Klage vom 10. Mai 1992 teilweise stattgegeben. Die Beklagte wurde verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der Antrag auf Gewährung der Kraftfahrzeughilfe wurde abgewiesen. Das Gericht führt in der Begründung aus, das Hochschulstudium des Klägers sei eine Ausbildung und eine sonstige Maßnahme der beruflichen Bildung i.S.v. § 3 Abs. 1 Kraftfahrzeughilfeverordnung (KfzHV). Der vom Kläger angestrebte Magisterabschluß ermögliche ihm, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen. Aufgrund seiner Behinderung könne nur so eine vollständige und dauerhafte Eingliederung in das Erwerbsleben erreicht werden. Es sei ohne Bedeutung, daß das Hochschulstudium nach dem Berufsbildungsgesetz kein anerkannter Ausbildungsberuf sei. Dies habe nur für Jugendliche Bedeutung.
Zwischenzeitlich hat der Kläger die Fahrerlaubnis erworben, auf eigene Kosten ein Auto gekauft und es (mehrfach) behindertengerecht umgerüstet.
Gegen das der Beklagten am 28. April 1993 zugestellte Urteil hat sie am 17. Mai 1993 Berufung eingelegt.
Sie trägt im wesentlichen vor, von der beruflichen Ausbildung sei die schulische Ausbildung zu unterscheiden. Ein Hochschulstudium sei eine schulische Ausbildung und diene lediglich der theoretischen Wissensvermittlung, der berufspraktische Teil finde dagegen in gesonderten Abschnitten statt. Nur im Rahmen der beruflichen Anpassung könne ein Hochschulstudium im Einzelfall als Maßnahme der beruflichen Rehabilitation gefördert werden, beim Kläger liege jedoch eine Erstausbildung vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26. Januar 1993 in Punkt 1 und 2 abzuändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er nimmt auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug.
Die Beigeladenen sehen ihrerseits keinen Anspruch des Klägers zur Kraftfahrzeughilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz.
Die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge lagen vor.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger kann von ihr nicht die Gewährung einer Kfz-Hilfe verlangen (§ 9 Abs. 2, 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 1 ff. KfzVO). Das Hochschulstudium des Klägers ist keine berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation i.S.v. § 16 SGB VI. Damit kann keine Leistung zu seinem Studium gewährt werden und erst recht nicht eine Kraftfahrzeughilfe zu einem für dieses Studium erforderliches Kraftfahrzeug.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1, 10 SGB VI kann die Beklagte Rena-Leistungen im Umfang von § 13 ff. SGB VI dann erbringen, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten wegen Krankheit oder körperlicher Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und sie voraussichtlich durch die Reha-Leistung wesentlich gebessert oder wieder hergestellt werden kann. Zu diesen Reha-Leistungen gehören u.a. Leistungen zur beruflichen Rehabilitation i.S.v. § 16 SGB VI.
Die Gewährung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation steht im Ermessen des Versicherungsträgers. Die Ermessensaus-Übung ist jedoch beschränkt auf die Art und Weise wie die Rena-Leistung gewährt wird: deren Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung etc. Die Frage, ob die vom Versicherten begehrte Leistung eine solche der beruflichen Rehabilitation ist, und ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung die...