Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage

 

Orientierungssatz

Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.06.2017; Aktenzeichen B 5 RS 17/16 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Dezember 2013 abgeändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Feststellungsbescheides vom 18. Juli 2005 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 8. Juli 2010 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2011 verurteilt, weitere Arbeitsentgelte im Rahmen der festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben wie folgt festzustellen:

Im Jahr

1975   

538,51

1977   

566,21

1978   

600,06

1979   

659,61

1985   

896,24

1986   

837,00

1987   

873,47

1988   

900,82

1989   

927,69

1990   

967,36

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2/3.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger in den Jahren 1975, 1977 bis 1979 sowie 1985 bis 30. Juni 1990, die als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt ist, höhere Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien festzustellen.

Dem 1948 geborenen Kläger wurde mit Urkunde vom 21. Juli 1971 die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Vom 1. Juni 1973 bis zum 31. Juli 1975 arbeitete er als Elektro-Ingenieur im Volkseigenen Betrieb (VEB) Hebezeuge A., vom 1. August 1975 bis zum 30. Juni 1983 als Hauptenergetiker bzw. als Leiter Rationalisierung im VEB Vereinigte Ziegelwerke A. bzw. dem späteren VEB Sächsische Ziegelwerke A., Betriebsteil A., und vom 1. Juli 1983 bis zum 30. Juni 1990 als Leiter für Beschaffung und Absatz im VEB Lackfabrik A. (vgl. Sozialversicherungsausweis Bl. 14 ff. Verwaltungsakte (VA)).

Mit Feststellungsbescheid vom 18. Juli 2005 (Bl. 6 VA) stellte die Beklagte u.a. den Zeitraum 1. Juni 1973 bis 30. Juni 1983 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Mit Überprüfungsantrag vom 15. Juli 2008 (Bl. 8 VA) begehrte der Kläger die Feststellung der Zeit vom 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech. Zugleich begehrte er für den Zeitraum 1. Juni 1973 bis 30. Juni 1990 die Feststellung höherer Entgelte unter Einbeziehung von Jahresendprämien. Zur Glaubhaftmachung legte er schriftliche Erklärungen des ehemaligen Direktors für Technik des VEB Vereinigte Ziegelwerke A. M. und der ehemaligen Sekretärin des Betriebsdirektors des VEB Lackfabrik A. N. vor, die u.a. erklärten, der Kläger habe während seiner Tätigkeit im VEB Ziegelwerk A. im Zeitraum 1. August 1975 bis 30. Juni 1983 bzw. im VEB Lackfabrik A. vom 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1990 jährlich eine Jahresendprämie in Höhe eines durchschnittlichen Monatsgehaltes erhalten (Bl. 10 f. und 18 VA). Mit Feststellungsbescheid vom 8. Juli 2010 stellte die Beklagte den Zeitraum 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Die Feststellung höherer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien lehnte sie ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2011 mit der Begründung zurück, Zufluss und Höhe der Jahresendprämien seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

Mit seiner am 14. Februar 2011 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Die Zahlung von Jahresendprämien sei glaubhaft gemacht. Das Gericht hat die Zeugen M. und N. schriftlich zur Zahlung von Jahresendprämien im VEB Vereinigte Ziegelwerke A. bzw. VEB Lackfabrik A. befragt. Der Zeuge M. gab an, von September 1969 bis September 1979 im VEB Vereinigte Ziegelwerke A. als technischer Leiter und später als technischer Direktor beschäftigt gewesen zu sein. In diesen Jahren seien an alle Beschäftigten Jahresendprämien im Februar/März des Folgejahres in Höhe von 80 bis 100% des Monatsgehaltes gezahlt worden. Die Zeugin N. gab an, ab 1982 - zunächst als Lehrling, dann als Sekretärin des Betriebsdirektors - im VEB Lackfabrik beschäftigt gewesen zu sein. Von Beginn seiner Tätigkeit am 1. Juli 1983 an habe sie Kontakt zu ...

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