Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. betriebliche Voraussetzung. Kreisbaubetrieb. VE Kreisbaubetrieb Werdau. Fingierte Versorgungsanwartschaft. Volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens Betrieblicher Hauptzweck. Fordistisches Produktionsmodell. Industrielle Massenproduktion. Standardisierte Neubauten. Modernisierung und Rekonstruktion. Zuordnung zu einem Wirtschaftszweig. Gleichgestellter Betrieb. Analogieverbot. Ungleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Beim VE Kreisbaubetrieb Werdau handelte es sich weder um einen Massenproduktionsbetrieb im Bereich Industrie oder Bauwesen, noch um einen gleichgestellten Betrieb.
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1; SGB X § 44; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen.
Der 1941 geborene Kläger ist seit 14. Juli 1961 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war vom 1. September 1961 bis 16. März 1962 als Projektierungsingenieur beim volkseigenen Betrieb (VEB) Kreisbau Reichenbach, vom 17. März 1962 bis 30. April 1972 als Technischer Leiter, stellvertretender Vorstand und Vorstand bei der Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) Straßenbau Reichenbach, vom 1. Mai 1972 bis 31. Dezember 1975 als Technischer Direktor beim VEB (K) Tief- und Straßenbau Reichenbach, vom 1. Januar 1976 bis 31. Mai 1977 als Produktionsleiter beim VEB Kreisbau Reichenbach, vom 1. Juni 1977 bis 31. Dezember 1987 als Betriebsleiter der Kreisstraßenmeisterei beim Rat des Kreises Greiz und vom 1. Januar 1988 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) zunächst als Direktor für Wissenschaft und Technik, später als Betriebsdirektor beim VE Kreisbaubetrieb Werdau beschäftigt. Er war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Den am 27. Dezember 2005 gestellten Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. April 2006 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2006 ab: Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Der VE Kreisbaubetrieb Werdau sei kein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich Industrie oder Bauwesen und auch kein gleichgestellter Betrieb gewesen. Entsprechend der Einordnung des Betriebes in die Systematik der Volkswirtschaftszweige (Wirtschaftsgruppe 20270) habe es sich um einen Betrieb für Rekonstruktionsbaumaßnahmen, Modernisierung und Baureparaturen gehandelt.
Die hiergegen am 24. Juli 2006 erhobene Klage wies das Sozialgericht Chemnitz (im Verfahren S 16 R 1250/06), nach Beiziehung von Unterlagen zum VE Kreisbaubetrieb Werdau, mit Gerichtsbescheid vom 15. Januar 2008 ab.
Die hiergegen am 5. Februar 2008 erhobene Berufung wies das Sächsische Landessozialgericht (im Verfahren L 5 R 92/08) mit Urteil vom 22. Februar 2011 zurück. Zur Begründung führte es aus: Die betriebliche Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz liege nicht vor, da der VE Kreisbaubetrieb Werdau am 30. Juni 1990 kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei. Er habe keine massenhaften Bauwerke errichtet. Zwar seien auch Neubauten verwirklicht worden. Dabei habe es sich aber um konkrete Einzelvorhaben nach konkreten Wünschen des Bauherrn und in Abhängigkeit der vorgefundenen baulichen Situation gehandelt, so dass keine Massenproduktion verrichtet wurden sei. Der 5. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts lege dabei, was ausdrücklich im Urteil hervorgehoben wurde, dieselben Tatsachen wie der 4. Senat des Sächsischen Landessozialgericht im Urteil vom 8. September 2009 (im Verfahren L 4 R 674/06), das zum gleichen Betrieb ergangen sei und die betriebliche Voraussetzung bejaht habe, zu Grunde, gelange im Ergebnis jedoch zu einer anderen rechtlichen Wertung.
Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde vom 21. März 2011 verwarf das Bundessozialgericht (im Verfahren B 5 RS 22/11 B) mit Beschluss vom 6. Juli 2011 als unzulässig.
Den Überprüfungsantrag des Klägers vom 12. Oktober 2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid ...