Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie

 

Leitsatz (amtlich)

Die Höhe der geltend gemachten Jahresendprämien konnte der Kläger zwar nicht glaubhaft machen. Das Gericht macht jedoch von seiner im Rahmen der Einzelfallwürdigung nach § 202 SGG iVm § 287 Abs 2 und Abs 1 S 1 ZPO gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch.

 

Orientierungssatz

Zum Leitsatz vgl LSG Chemnitz vom 4.2.2014 - L 5 RS 462/13 sowie vom 12.5.2015 - L 5 RS 382/14.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.06.2017; Aktenzeichen B 5 RS 4/17 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23. Oktober 2014 wird unter folgender Maßgabe zurückgewiesen: Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23. Oktober 2014 wird neu gefasst: Die Beklagte wird unter Änderung des Feststellungsbescheides vom 26. Juli 2002 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 10. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2012 verurteilt, weitere Arbeitsentgelte im Rahmen der festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben festzustellen:

Zuflussjahr

Höhe   

1978   

571,79

1979   

668,24

1980   

672,80

1981   

726,32

1982   

655,63

1983   

655,63

1984   

748,94

1985   

748,94

1986   

741,69

1987   

791,10

1988   

838,57

1989   

895,39

1990   

866,69

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger den Zeitraum vom 1. November 1977 bis 30. Juni 1990, der als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt ist, höhere Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien festzustellen.

Der 1948 geborene Kläger ist seit dem 9. November 1977 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (vgl. Bl. 12 Verwaltungsakte [VA]). Ab dem 1. November 1977 war er als Fachingenieur Instandhaltung und ab dem 1. Mai 1987 bis zum 30. Juni 1990 als Fachingenieur Anlageninstandhaltung im Volkseigenen Betrieb Gaskombinat S… P… (nachfolgend: VEB) beschäftigt. Mit Feststellungsbescheid vom 26. Juli 2002 (Bl. 5 VA) stellte die Beklagte die Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für den Zeitraum vom 1. November 1977 bis 30. Juni 1990 mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Mit Überprüfungsantrag vom 12. September 2007 (Bl. 85 VA) begehrte der Kläger die Feststellung höherer Entgelte unter Einbeziehung von Prämien. Mit Bescheid vom 12. März 2003 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2008 lehnte die Beklagte die Feststellung höherer Entgelte mit der Begründung ab, der VEB sei am 30. Juni 1990 lediglich eine sog. "leere Hülle" gewesen und der Feststellungsbescheid vom 26. Juli 2002 deshalb rechtswidrig. Im anschließenden Gerichtsverfahren vor dem Sozialgericht Dresden (S 42 RS 1333/11) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sich die Beklagte unter Anerkennung, dass § 1 Abs. 1 AAÜG anwendbar sei, zur Prüfung verpflichtete, in welchem Umfang höhere Verdienste unter Berücksichtigung von Jahresendprämien und Bergmannstreuegeld festzustellen seien. Mit Feststellungsbescheid vom 10. Oktober 2011 stellte sie höhere Arbeitsentgelte unter Einbeziehung von zusätzlichen Belohnungen im Bergbau, die von der Rhenus Logistics GmbH mit Schreiben vom 15. Juni 2011 mitgeteilt wurden (Bl. 111 VA), fest. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Nichteinbeziehung von (weiteren) Sonderzahlungen. Er legte eine notariell beglaubigte Erklärung vom 26. Januar 2009 der Zeugen Dr. R… (ehemaliger Generaldirektor), Dr. T… (ehemaliger Ökonomischer Direktor), K… (ehemaliger stellv. Hauptbuchhalter) und S… (ehemaliger Direktor für Arbeitsversorgung und Sozialökonomie) vor, in denen sie u.a. die jährliche Zahlung von Jahresendprämien in Höhe eines durchschnittlichen Monatsbruttogehalts bestätigen (B. 137 ff. VA). Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2012 zurück. Die Gewährung und Höhe von zusätzlichen Belohnungen im Bergbau seien von Bedingungen abhängig gewesen, die ohne Nachweis nicht mehr zweifelsfrei nachvollziehbar seien und daher nicht berechnet werden könne. Die im Zeitraum 1. Januar 1977 bis 30. Juni 1990 durch Auskunft der Rhenus Office Systems GmbH "nachgewiesenen" Zahlungen der zusätzlichen Belohnungen seien berücksichtigt worden. Die Zahlung von Jahresendprämien sei hingegen nicht nachgewiesen.

Mit seiner am 8. März 2012 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren hinsichtlich der Feststellung höh...

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