Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage. Vorlage positiver Leistungseinschätzungen

 

Leitsatz (amtlich)

Den Zufluss der Jahresendprämien hat die Klägerin nicht nachgewiesen, jedoch durch die schriftliche Befragung von Zeugen und Vorlage positiver Leistungseinschätzungen des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Höhe der Zahlungen ist eine Glaubhaftmachung nicht gelungen. Insoweit macht das Gericht von seiner im Rahmen der Einzelfallwürdigung nach § 202 SGG iVm § 287 Abs 2 und Abs 1 S 1 ZPO gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.06.2017; Aktenzeichen B 5 RS 3/17 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 1. Juli 2014 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 21. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2013 sowie unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 6. März 2006 verurteilt, weitere Arbeitsentgelte im Rahmen der festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben wie folgt festzustellen:

Zuflussjahr    

Höhe   

1978   

337,04

1979   

487,48

1980   

554,09

1981   

594,73

1982   

631,46

1983   

634,62

1984   

552,43

1985   

646,33

1986   

630,21

1987   

641,11

1988   

696,01

1989   

671,05

1990   

836,06

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 5/6.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für die Klägerin im Zeitraum 1. Oktober 1977 bis 30. Juni 1990, der als Zeit ihrer Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt ist, höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien festzustellen.

Der 1951 geborenen Klägerin wurde mit Urkunde vom 26. Oktober 1977 das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" verliehen (Bl. 7 Verwaltungsakte). Ab dem 1. Januar 1977 war sie als Mitarbeiterin im Büro für Neuererwesen und Schutzrechtsarbeit (BfN) im VEB Bau- und Montagekombinat Kohle und Energie, Kombinatsbetrieb Industriebau D… (nachfolgend: VEB) tätig (vgl. Änderungsvertrag vom 8. Februar 1977, Bl. 25 Verwaltungsakte). Von April 1985 bis März 1988 übte sie die Funktion der stellvertretenden Leiterin des BfN (vgl. Änderungsvertrag vom 15. März 1985, Bl. 20 Verwaltungsakte) und ab April 1988 die der Leiterin aus (vgl. Mitteilungen vom 7. und 13. April 1988, Bl. 16 Rs. und 17 Verwaltungsakte). Mit Feststellungsbescheid vom 6. März 2006 (Bl. 4 Verwaltungsakte II) stellte die Beklagte den Zeitraum 1. Oktober 1977 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach Anlage 1 zum AAÜG mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Mit Überprüfungsantrag vom 14. Mai 2010 begehrte die Klägerin die Berücksichtigung weiterer Entgelte in Form von Jahresendprämien (Bl. 7 Verwaltungsakte II). Nachdem die Rhenus Office Systems GmbH sowie die W… Bau AG (als Nachfolgeunternehmen des VEB) mit Schreiben vom 20. Januar 2011 bzw. 23. Februar 2012 mitgeteilt hatten, dass Unterlagen über Prämien und Sonderzahlungen nicht mehr vorhanden sind (Bl. 17 und 23 Verwaltungsakte II), lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 21. März 2012 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2013 ab. Der Zufluss von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

Mit ihrer am 6. März 2013 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Das Gericht hat die von der Klägerin benannten Zeugen W…, K… und T… schriftlich zur Zahlung von Jahresendprämien im VEB befragt. Die Zeugen W… und K… gaben an, jeder Mitarbeiter im VEB habe eine Jahresendprämie erhalten, wobei die konkrete Höhe der an die Klägerin ausgezahlten Prämien nicht angegeben werden könne. Die Zeugin T… gab an, Jahresendprämien seien von 1968 bis 1989 nicht jedes Jahr gezahlt worden und hätten Schwankungen unterlegen. Die Zeugin K… hat zudem diverse Unterlagen zur Akte gereicht, darunter Erläuterungen des Streifens zur Auszahlung von Jahresendprämien in den Jahren 1985, 1987 und 1988 und Schreiben zur Überreichung von Jahresendprämien in den Jahren 1980, 1987, 1988 und 1989 sowie Hinweise zur Errechnung der Jahresendprämie für das Jahr 1988.

Mit Urteil vom 1. Juli 2014 hat das Sozialgericht Dresden die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe die Höhe der Jahresendprämien weder nachweisen noch glaubhaft machen können.

Gegen das am 3. Juli 2014 zugestellte Urteil hat die Kl...

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