Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Berufsunfähigkeit. Hinzuverdienst. Berücksichtigung familienbezogener Entgeltbestandteile
Leitsatz (amtlich)
Bei der Bemessung der Hinzuverdienstgrenzen des § 313 iVm § 96a SGB 6 ist der Entgeltbegriff des § 14 SGB 4 ohne Rücksicht auf familienbezogene Entgeltbestandteile maßgeblich (vgl BSG vom 23.8.2005 - B 4 RA 29/04).
Orientierungssatz
1. Bei der Anrechnung von Einkommen bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ist für jeden einzelnen Kalendermonat der tatsächliche Bruttoverdienst im vollen Umfang im Rahmen des § 313 SGB 6 zu berücksichtigen. Dieser Bruttoverdienst ist weder um beruflich bedingte Aufwendungen wie Werbungskosten (vgl BSG vom 6.3.2003 - B 4 RA 8/02 R = SozR 4-2600 § 313 Nr 2) noch um die vom Arbeitgeber gewährten familienbezogenen Entgeltbestandteile zu mindern.
2. Der Arbeitsentgeltbegriff des § 313 Abs 1 iVm § 96a SGB 6 knüpft uneingeschränkt an den Entgeltbegriff des § 14 SGB 4 an (vgl BSG vom 6.3.2003 - B 4 RA 8/02 R aaO).
3. Verfassungsrechtliche Bedenken des Senats gegen die Einführung von Hinzuverdienstgrenzen ab 1.1.2001 bei Renten wegen Berufsunfähigkeit liegen nicht vor (Anschluss an BSG vom 17.12.2002 - B 4 RA 23/02 R = SozR 3-2600 § 96a Nr 1).
Nachgehend
BSG (Vergleich vom 17.04.2012; Aktenzeichen B 13 R 50/09 R) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 4. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Wert des dem Kläger für den Leistungszeitraum ab Januar 2001 zustehenden Rechts auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Der am … 1949 geborene Kläger war bis September 1990 in seinem erlernten Beruf als Werkzeugmacher bzw. Instandhaltungsmechaniker beschäftigt. Seit 16.09.1991 war er wegen eines lumbalen radikulären Schmerzsyndroms bei Bandscheibenvorfall L5/S1 bezogen auf die im September 1991 verrichtete Berufstätigkeit als Klempner arbeitsunfähig erkrankt. Ab 15.03.1993 war er als Betriebsmittelbauer beim Ortsverband D. des L. e.V. angestellt. Außerdem bezog er aufgrund seines Antrags auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen unter Beachtung von bis zum 31.03.1994 gezahlten Übergangsgeld seit 01.04.1994 Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheide vom 19.07.1995 und 07.03.1996). Wegen Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses wurde die Rente des Klägers zuletzt mit Bescheiden vom 11.09.1998 und 16.09.1999 neu festgestellt, wobei vom Kläger erzieltes Arbeitsentgelt nicht angerechnet wurde.
Am 19.10.2000 informierte die Beklagte den Kläger ausführlich über ab 01.01.2001 zu beachtende Hinzuverdienstgrenzen und holte eine Arbeitgeberbescheinigung ein, wonach die Höhe des monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes ab 01.01.2001 voraussichtlich 3.955,08 DM betrage. Mit Schreiben vom 05.02.2001 hörte sie den Kläger gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an, wobei sie darauf hinwies, dass er Einkommen in einer Höhe beziehe, die zum völligen Ruhen seines Rentenanspruchs führe; es sei beabsichtigt, die rentengewährenden Bescheide mit Wirkung zum 01.01.2001 aufzuheben Hiergegen wandte der Kläger ein, er genieße Bestandsschutz, weil die Neuregelung nur auf Neurenten anwendbar sei. Auch besitze er einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen “G„ und befinde sich in einem behinderungsgerechten Arbeitsverhältnis, das nur unter erheblichem finanziellem Aufwand vollzogen werde. Ferner müsse er regelmäßig Rehabilitationskuren mit hohem Eigenanteil in Anspruch nehmen, um seine Arbeitskraft zu erhalten, sei auf eine ständig anzuwendende Medikation angewiesen und empfinde den vollständigen Entzug der Rente wegen eines den Grenzbetrag nur um rund 250,00 DM übersteigenden Hinzuverdienstes als besondere Härte.
Mit Bescheid vom 22.02.2001 nahm die Beklagte ab Januar 2001 eine Neuberechnung der Berufsunfähigkeitsrente vor, hob die bisherige Bewilligung mit Hinweis auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) rückwirkend auf und stellte für Januar und Februar 2001 eine Überzahlung in Höhe von 2.138,76 DM fest. In dem Bescheid ist der Hinweis enthalten, dass eine Verminderung der Einkünfte mitzuteilen sei, damit geprüft werden könne, ob und in welcher Höhe die Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen sei. Zugleich ging die Beklagte in einem aufklärenden Schreiben auf die vom Kläger vorgebrachten Argumente ein. Die Überzahlung in Höhe von 2.138,76 DM forderte sie mit Bescheid vom 27.02.2001 unter Bezugnahme auf § 50 Abs. 1 SGB X zurück.
Am 20.03.2001 legte der Kläger gegen die Bescheide vom 22.02.2001 und 27.02.2001 Widerspruch ein und machte geltend, sein erzieltes Einkommen überschreite die fragliche Hinzuverdienstgrenze nur um 249,19 DM; somit verbleibe bei Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X für Januar und Februar 2001 eine Rentenleistung von 820,19 DM. Im Übrigen habe die Beklagte das Vorliegen eines atypischen Falls nicht geprüft, obwohl er durch die Rüc...