Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage

 

Orientierungssatz

Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.06.2017; Aktenzeichen B 5 RS 13/16 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 2. Dezember 2013 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Oktober 2009 sowie unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 26. April 2002 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 17. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 sowie in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 26. November 2013 verurteilt, weitere Arbeitsentgelte im Rahmen der festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben festzustellen:

Jahr   

Höhe in Mark

1973   

575,38

1974   

581,84

1975   

552,96

1976   

596,45

1977   

651,84

1978   

657,74

1979   

686,58

1980   

717,01

1981   

724,27

1982   

803,04

1983   

727,46

1984   

706,57

1985   

661,88

1986   

796,59

1987   

714,52

1988   

819,82

1989   

650,38

1990   

834,21

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Zeitraum 1. Juni 1972 bis 30. Juni 1990, der als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt ist, höhere Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien festzustellen.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des verstorbenen U. (nachfolgend: Versicherter). Dem 1941 geborenen Versicherten wurde mit Urkunde vom 23. Juni 1970 die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (vgl. Bl. 28 Verwaltungsakte (VA)). Am 22. August 1967 hatte er die Techniker-Prüfung an der Ingenieurschule für wissenschaftlichen Gerätebau "Z." J. bestanden (Bl. 27 VA). Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er als Dreher im Volkseigenen Betrieb (VEB) Halbleiterwerk O. Vom 1. Januar bis 15. August 1970 war er in diesem VEB als Techniker und bis zum 31. Mai 1972 als Anlagenbauleiter im VEB Kombinat R. Zentralvertrieb beschäftigt. Vom 1. Juni 1972 bis zum 31. Dezember 1980 war er als Bauleiter im VEB Braunkohlenbohrungen und Schachtbau W. (BuS W.) bzw. vom 1. Januar 1981 bis zum 30. Juni 1990 im VE Braunkohlenkombinat Y. tätig (vgl. Sozialversicherungsausweis, Anhang VA, und Arbeitsvertrag Bl. 22 VA).

Mit Feststellungsbescheid vom 26. April 2002 (Bl. 13 VA) stellte die Beklagte die Zeiträume 1. August 1967 bis 15. August 1970 sowie 1. Juni 1972 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Mit Überprüfungsantrag vom 10. Januar 2008 (Bl. 2 VA) begehrte der Versicherte die Feststellung höherer Entgelte unter Einbeziehung von Jahresendprämien. Zur Glaubhaftmachung legte er schriftliche Erklärungen der ehemaligen Arbeitskollegen D. und R., die angaben, dass der Versicherte u.a. Jahresendprämien erhalten habe, vor (Bl. 44 f. VA). Anfragen der Beklagten zur Zahlung von Jahresendprämien bei der R. Office Systems GmbH, der V. Europe Mining AG und der M. mbH blieben erfolglos (Bl. 46, 52 und 243 VA). Mit Bescheid vom 28. Oktober 2009 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Auf den Widerspruch des Versicherten stellte die Beklagte nach Einholung einer weiteren Auskunft bei der R. Office Systems GmbH mit Feststellungsbescheid vom 17. Mai 2010 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen im Bergbau für den Zeitraum 1973 bis 1990 fest (Bl. 75 f. VA). Nach Einholung einer weiteren Erklärung des Zeugen R. wies die Beklagte den Widerspruch hinsichtlich der Jahresendprämien mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2011 ab.

Mit seiner am 5. Mai 2011 vor dem Sozialgericht Leipzig erhobenen Klage hat der Versicherte sein Begehren hinsichtlich der Berücksichtigung von Jahresendprämien in den Zeiträumen 1. August 1967 bis 15. August 1970 sowie 1. Juni 1972 bis 30. Juni 1990 weiterverfolgt (Bl. 151 GA). Soweit er zunächst die Feststellung weiterer Entgelte in Form von "Auslöse" und Deputat sowie die Feststellung weiterer Zeiten begehrte, hat er die Klage mit Schreiben vom 25. Juni 2013 zurückgenommen und die Beklagte gebeten, hierüber im Verwaltungsverfahren zu entsche...

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