Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Umwandlung eines VEB in eine GmbH im Aufbau. Überleitungsvertrag. Stichtag 30.6.1990
Orientierungssatz
1. § 1 Abs 1 AAÜG ist verfassungskonform ausdehnend auszulegen, dass eine Versorgungsanwartschaft "auf Grund der Zugehörigkeit" bei am 30.6.1990 Nichteinbezogenen nicht nur in den Fällen der Gleichstellung durch § 1 Abs 1 S 2 AAÜG und der Versorgungsanwartschaften aus Systemen ohne konkreten Einbeziehungsakt besteht, sondern auch dann, wenn jemand auf Grund der am 30.6.1990 gegebenen Sachlage nach der am 31.7.1991 gegebenen bundesrechtlichen Rechtslage einen "Anspruch auf Versorgungszusage" nach den bundesrechtlichen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte.
2. Versorgungsrechtlich kommt es nicht darauf an, ob ein Betrieb "wirtschaftsrechtlich" einem VEB gleichstand, sondern darauf, ob § 1 Abs 2 ZAVtIVDBest 2 selbst eine solche Gleichstellung vorgenommen hat. Die dort getroffene Auswahl ihrer Art nach gleichgestellter Betriebe und Einrichtungen erfasst aber gerade nicht Kapitalgesellschaften des Bauwesens, auch nicht solche "im Aufbau".
3. Wurde bis zur Schließung des Zusatzversorgungssystems zum 30.6.1990 eine Versorgungszusage nicht erteilt und stand der Berechtigte zu diesem Stichtag auch nicht (wieder) in einem Beschäftigungsverhältnis mit einem volkseigenen Produktionsbetrieb, konnte ein fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech nicht mehr entstehen.
4. Zur Frage der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, wenn ein Überleitungsvertrag vor dem 30.6.1990 datiert ist, die Umwandlung des VEB in eine GmbH im Aufbau und die Beendigung der Rechtsfähigkeit des VEB erst nach dem 30.6.1900 in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen wurde.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 31. März 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Zusatzversorgungsträger verpflichtet ist, nach § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) die Zeiten vom 01.09.1956 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVI-tech) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der am 03.06.1935 geborene Kläger besuchte ab dem 01.09.1953 die Fachschule für Bauwesen G. Am 15.06.1956 erlangte er dort einen Abschluss mit der Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Bauingenieur" zu führen. Danach arbeitete der Kläger ab dem 01.09.1956 bis zum 31.12.1957 beim VEB Kraftwerks- und Industriebau D als Bauingenieur. Ab dem 01.01.1958 bis zum 31.12.1964 war der Kläger als Bauleiter, zunächst bei der Maschinen-Traktoren-Station R O/L. und ab 16.01.1962 bei der Aufbauleitung Stadtzentrum D tätig. Ab dem 01.01.1965 war der Kläger beim VEB (B) Wohnungsbaukombinat D (vorher VEB (B) Baukombinat D) als Kontrollingenieur, Leiter der Abteilung Eigeninvest und Gruppenleiter Eigeninvest tätig.
Unter dem 01.06.1990 schlossen der VEB (B) Wohnungsbaukombinat D, die Freizeit-Hotel-Errichtung und Vertriebs GmbH (im Folgenden: FHEV-GmbH) und der Kläger einen Überleitungsvertrag, ausweislich dem der mit dem VEB (B) Wohnungsbaukombinat D bestehende Arbeitsvertrag vom 20.03.1958 gemäß §§ 51, 53 Arbeitsgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 16.06.1977 (GBl. I Nr. 18 S. 185 - AGB-DDR) zum 31.05.1990 aufgelöst wird und der Kläger am 01.06.1990 die Tätigkeit als Mitarbeiter Werterhaltung/Bauleiter in der FHEV-GmbH beginnt. Im Sozialversicherungsausweis des Klägers ist im Zeitraum vom 01.06.1990 bis 31.10.1991 als Beschäftigungsbetrieb die FHEV-GmbH angegeben.
Am 01.06.1981 trat der Kläger der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und entrichtete auf seine monatlichen Verdienste bis maximal 1.200,00 M entsprechende Beiträge. Eine Versorgungszusage ist dem Kläger bis zum 30.06.1990 nicht erteilt worden.
Den Antrag des Klägers vom 12.09.2000 auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.05.2002 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 21.10.2002 ab, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30.06.1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Im Juni 1990 habe der Kläger als Ingenieur eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung bei der FHEV-GmbH ausgeübt. Es habe sich hierbei jedoch nicht um einen volkse...