Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Doktorandenförderplatz. Promotionsarbeit. Auslandsaufenthalt. fehlende organisationsrechtliche Anbindung an deutsche Universität. Wegeunfall

 

Leitsatz (amtlich)

Tätigkeiten im Rahmen einer Promotionsarbeit außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereiches der deutschen Universität sind eigenwirtschaftlich und privat nützlich.

 

Orientierungssatz

Zur Frage, ob der Inhaber eines Doktorandenförderplatzes als Beschäftigter gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7 versichert ist, wenn zwar ein Arbeitsvertrag als wissenschaftliche Hilfskraft mit den zugewiesenen Aufgaben "wissenschaftliche Hilfsarbeiten und Unterstützung in Forschung und Lehre" abgeschlossen wurde, die Universität von ihm jedoch ausschließlich Tätigkeiten für die Promotion und keine tatsächlichen Arbeitsleistungen erwartet.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 19.08.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 22.04.2009 als Arbeitsunfall.

Der am …1974 geborene Kläger erlitt am 22.04.2009 ausweislich des D-Arzt-Berichtes vom 13.05.2009 auf dem Weg zur Universität S… einen Unfall, in dem er auf einem Fußgängerüberweg von einem PKW angefahren worden war. Diagnostiziert wurden Verstauchung und Zerrung des Kniegelenkes, Fraktur des fünften Halswirbels sowie Verstauchung und Zerrung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile des Knies. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 25.05.2009 eine Behandlung zu ihren Lasten ab. Mit Schreiben vom 18.06.2009 wandte sich der Kläger an die Beklagte und teilte mit, dass er am 22.04.2009 in S… (B…) Opfer eines Verkehrsunfalles geworden sei. Der Unfall habe sich auf dem Weg zu einer versicherten Tätigkeit ereignet. Er dissertiere im Fachbereich der Ethnologie/Minderheitenforschung und führe dabei eine Feldforschung durch. S… stelle den Mittelpunkt der Studien dar, da sich dort der Hauptforschungspunkt der Zweitbetreuerin befinde und zum anderen seine Feldforschungsreisen nach M…, B…, R… und U… so am besten zu koordinieren seien. Die Feldforschung sei dabei der Hauptinhalt jeder ethnologischen Arbeit, so dass er sich für sein Studium in S… aufhalten müsse. Zum Zeitpunkt des Unfalles habe es zudem eine innerakademische Konferenz gegeben, bei der er sein Projekt vorgestellt habe. Er habe sich seit März in S… aufgehalten, der Feldforschungsaufenthalt sei bis Ende Oktober geplant gewesen. Die innerakademische Konferenz habe in der Akademie der Wissenschaften in S… stattgefunden, die Unterkunft sei im "V…-Hotel" gewesen. Der Unfall habe sich beim Überqueren des Zebrastreifens ereignet auf dem Weg zwischen Unterkunft und der Akademie der Wissenschaften.

Zur Akte reichte der Kläger seinen Dissertationsplan.

Ergänzend hat der Kläger einen mit der Universität L… für die Zeit vom 20.02.2009 bis einschließlich 28.02.2010 geschlossenen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft mit den Aufgaben "wissenschaftliche Hilfsarbeiten, Unterstützung in Forschung und Lehre" vorgelegt, ferner eine Bescheinigung über seinen Aufenthalt in S… zur Durchführung von Felduntersuchungen von der b… Akademie der Wissenschaften in S….

Für die Universität L… nahm am 13.10.2009 Prof. Dr. S… dahingehend Stellung, dass der Kläger seit dem 09.02.2009 am Institut für Ethnologie der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften einen Doktorandenförderplatz habe. Aufgabe des Inhabers eines solchen Platzes sei ausschließlich die Arbeit an einem Promotionsvorhaben. Im Fach Ethnologie gehörten dazu Feldforschungsaufenthalte, die der Doktorand nach eigenem Ermessen plane und durchführe. Wenn der Vertrag auch andere Aufgaben erwähne, liege das daran, dass die Universität nur ein Formular für "wissenschaftliche Hilfskräfte" besitze, sie würden nach der gleichen Tabelle wie die Inhaber von Doktorandenförderplätzen entlohnt. Der Unfall des Klägers sei also nicht bei der Wahrnehmung von "wissenschaftlichen Hilfsarbeiten zur Unterstützung in Forschung und Lehre", sondern im Rahmen eines Forschungsaufenthaltes in B… erfolgt, der seinerseits für die Abfassung der Dissertation Voraussetzung gewesen sei.

Ergänzend teilte Prof. Dr. S… am 04.11.2009 mit, dass Inhaber von Doktorandenförderstellen ihre Forschungsarbeiten im In- und Ausland selbstständig planten, auch wenn Rücksprache mit dem Betreuer in allen wichtigen Fragen genommen werde. Über die Vergütung als wissenschaftliche Hilfskraft hinaus sei keine Kostenerstattung von Aufwendungen im Zusammenhang der Forschungsaktivitäten erfolgt. Auch während des Forschungsaufenthaltes in B… habe der Kläger seine übliche Vergütung ohne jede Zusatzleistung erhalten.

Mit Bescheid vom 04.12.2009 verneinte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalles im Ereignis v...

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