Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussagen
Leitsatz (amtlich)
Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
Orientierungssatz
1. Zum Leitsatz: Anschluss an LSG Chemnitz vom 4.2.2014 - L 5 RS 462/13 und vom 28.4.2015 - L 5 RS 450/14 sowie Weiterentwicklung von LSG Chemnitz vom 13.11.2012 - L 5 RS 192/12 und L 5 RS 605/11, vom 2.10.2012 - L 5 RS 789/10, vom 18.9.2012 - L 5 RS 716/10 und L 5 RS 322/11 sowie vom 7.8.2012 - L 5 RS 439/10; vgl BSG vom 4.5.1999 - B 4 RA 6/99 R = SozR 3-8570 § 8 Nr 3.
2. Zur Berechnung der geschätzten Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 26. März 2014 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 verurteilt, den Bescheid vom 15. Dezember 2004 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1972 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte der Versicherten wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen sind:
Für das Jahr:
1972 |
454 M |
1973 |
476 M |
1974 |
514 M |
1975 |
514 M |
1976 |
518 M |
1977 |
529 M |
1978 |
388 M |
1979 |
151 M |
1980 |
324 M |
1981 |
283 M |
1982 |
332 M |
1983 |
394 M |
1984 |
400 M |
1985 |
331 M |
1986 |
342 M |
1987 |
350 M |
1988 |
433 M |
1989 |
442 M |
1990 |
441 M |
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zur Hälfte.
III.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte der verstorbenen Ehefrau des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1970 bis 1990 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.
Der 1948 geborenen und 2006 verstorbenen Ehefrau des Klägers (nachfolgend: Versicherte) wurde, nach einem Studium in der Fachrichtung Feinwerktechnik an der Ingenieurschule für Feinwerktechnik G… in der Zeit von September 1966 bis Juli 1969, mit Urkunde vom 31. Juli 1969 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung “Ingenieur„ zu führen. Sie war vom 1. September 1969 bis 11. September 1970 als Technologe im volkseigenen Betrieb (VEB) Uhrenkombinat R…, Werk G…, und vom 5. Oktober 1970 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Fertigungstechnologe im VEB Messgerätewerk Z… beschäftigt, wobei sie sich infolge von Schwangerschaft und Kindererziehung im Zeitraum vom 16. März 1977 bis 14. September 1977 im Wochenurlaub und vom 15. September 1977 bis 26. April 1978 in unbezahlter Freistellung befand. Sie war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten der Versicherten vom 1. September 1969 bis 11. September 1970, vom 5. Oktober 1970 bis 15. März 1977 und vom 27. April 1978 bis 30. Juni 1990 als nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Am 18. März 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die rückwirkende Neufeststellung der Zusatzversorgungszeiten der Versicherten unter Einbeziehung von Jahresendprämien für die Jahre 1970 bis 1990. Dem Antrag fügte er die Entgeltbescheinigung der Messgerätewerk Z… GmbH vom 7. Juni 1993 bei, in der ausgeführt ist: “Bruttolohnbescheinigung: Ab 1969 - 30.06.90 zahlte das Unternehmen eine Jahresendprämie in Höhe des durchschnittlichen Monatsverdienstes„. Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens fragte die Beklagte mit Schreiben vom 5. April 2011 bei der Rhenus Office Systems GmbH nach Unterlagen bezüglich gezahlter Prämien an. Die Rhenus Office Systems GmbH teilte mit Schreiben vom 26. Januar 2012 mit, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb der Versicherten keine Unterlagen für Prämienzahlungen vorhanden sind.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2012 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Bescheid vom 15. Dezember 2004 könne nicht abgeändert werden, da der Zufluss der begehrten zusätzlichen Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemac...