Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. keine Fallzusammenführung über das Wirtschaftlichkeitsgebot bei Ausschlussregelung in der Fallpauschalenvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in der auf der Grundlage von § 17b Abs 2 KHG, § 9 Abs 1 KHEntgG abgeschlossenen Fallpauschalenvereinbarung (FPV) (juris: KFPVbg 2010) eine ausdrückliche, auf allgemeinen wirtschaftlichen und medizinischen Erwägungen beruhende Regelung für eine bestimmte Fallgestaltung getroffen (hier: § 2 Abs 2 S 2 FPV 2010), so kann sich die Krankenkasse im Rahmen der Auffälligkeitsprüfung nicht darauf berufen, dass die Anwendung dieser Regelung im konkreten Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt.
2. Nach § 17b Abs 2 S 2 KHG haben die Vertragsparteien bei der normenvertraglichen Ausgestaltung des Vergütungssystems Wirtschaftlichkeitserwägungen zu berücksichtigen, die denjenigen des § 12 Abs 1 SGB V entsprechen.
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21.10.2014 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.780,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.10.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.797,74 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
Das nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassene Krankenhaus der Klägerin nahm die bei der beklagten Krankenkasse versicherte X... (im Folgenden: Versicherte) zunächst für den Zeitraum vom 26.04.2010 bis 30.04.2010 zur stationären Behandlung auf. Diese Behandlung erfolgte zur weiteren Diagnostik einer in einem CT-Befund aufgefallenen Raumforderung im Bereich des linken Lungenoberlappens. Neben EKG- und Laborbefunden wurden am 26.04.2010 eine PET-CT-Untersuchung, am 27.04.2010 eine Untersuchung der Lungenfunktion und am 27.04.2010 eine Bronchoskopie durchgeführt. Im Verlauf konnte bei der Versicherten ein nichtkleinzelliges Lungenkarzinom im Oberlappen links gesichert werden. Bei einem Tumorstadium T1B N0 M0 wurde die Indikation zur Operation gestellt. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 30.04.2010 wurde bereits bei Entlassung die stationäre Wiederaufnahme zur Oberlappenresektion für den 07.05.2010 geplant.
Am 07.05.2010 wurde die Versicherte erneut im Krankenhaus der Klägerin aufgenommen. Am 10.05.2010 wurde eine Oberlappenresektion links mit atypischer Keilresektion des Unterlappen links und systematischer Lymphadenektomie durchgeführt. Im Anschluss befand sich die Versicherte bis zum 11.05.2010 auf der Intensivstation, bis zum 25.05.2010 in der Chirurgischen Klinik und im Anschluss bis zur Entlassung am 27.05.2010 in der Klinik für Innere Medizin. Postoperativ kam es bei der Versicherten zu einem Hautemphysem, welches mit Anlage einer Bülau-Drainage behandelt wurde. Weiterhin entwickelte sich bei der Versicherten ein Durchgangssyndrom, welches medikamentös therapiert wurde. Ferner waren postoperativ erhöhte Entzündungsparameter auffällig. Nachdem die Versicherte gut mobilisiert werden konnte, wurde eine palliative Chemotherapie initiiert, wobei der erste Zyklus am 26.05.2010 verabreicht wurde, der zweite Zyklus wurde ambulant beim niedergelassenen Pneumologen geplant. Die Versicherte wurde am 27.05.2010 aus dem Krankenhaus entlassen.
Mit Rechnung vom 17.05.2010 stellte die Klägerin der Beklagten für den ersten Krankenhausaufenthalt einen Betrag in Höhe von 1.803,36 EUR in Rechnung, wobei sie die DRG-Fallpauschale E71B (Neubildungen der Atmungsorgane, ein Belegungstag ohne äußerst schwere CC, ohne starre Bronchoskopie oder ohne komplexe Biopsie der Lunge) zugrunde legte. Der Rechnungsbetrag wurde durch die Beklagte unter dem 28.05.2010 angewiesen. Für den zweiten Krankenhausaufenthalt stellte die Klägerin unter dem 03.06.2010 der Beklagten 10.857,46 EUR in Rechnung. Hier legte sie die DRG-Fallpauschale E01B (Revisionseingriffe, beidseitige Lobektomie, erweiterte Lungenresektionen und andere komplexe Eingriffe am Thorax ohne komplizierende Konstellation, ohne hochkomplexe Eingriffe, ohne komplizierende Diagnose) zugrunde. Auf die Rechnungen vom 17.05.2010 und 03.06.2010 im Übrigen wird Bezug genommen (vgl. Bl. 9 und 11 der Gerichtsakte). Die Beklagte wies den vollen Rechnungsbetrag für den zweiten stationären Aufenthalt zunächst unter dem Vorbehalt der Rückforderung am 14.06.2010 an.
In zwei von der Beklagten bei ihrem Sozialmedizinischen Dienst (SMD) in Auftrag gegebenen sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 27.07.2011 und 09.01.2012 wies der Arzt des SMD Prof. Dr. med. W.... darauf hin, dass im ersten Krankenhausaufenthalt die Diagnostik und im zweiten Krankenhausaufenthalt die chirurgische Therapie erfolgt sei. Damit liege für den ersten Aufenthalt eine medizinische und für den zweiten Aufenthalt eine chirurg...