Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. kein Anspruch auf Strahlenbehandlung des malignen Prostatakarzinoms mit der CyberKnife-Technologie in 2012. Prostatakarzinom im Frühstadium. keine Erkrankung iS des § 2 Abs 1a SGB 5. kein Anspruch auf Kostenerstattung für Fahr- und Hotelkosten

 

Leitsatz (amtlich)

Die radiochirurgische Strahlenbehandlung des malignen Prostatakarzinoms mittels der CyberKnife-Technologie ist im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung durch den Kläger (Juni 2012) eine eigenständig zu bewertende neue Behandlungsmethode gewesen, da sie als extrem hochdosierte kurzzeitige Strahlentherapie im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (juris: EBM-Ä 2008) (noch) nicht enthalten ist und eine positive Empfehlung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) (noch) fehlt. Durch die im Vergleich zu bereits anerkannten oder zugelassenen vertragsärztlichen Strahlentherapien unterschiedliche Technologie ist eine selbständige Bewertung durch den GBA erforderlich (Anschluss an LSG Stuttgart vom 18.02.2014 - L 11 KR 1499/13).

 

Orientierungssatz

1. Bei einem Prostatakarzinom im Frühstadium handelt es sich weder um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche noch um eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung iS des § 2 Abs 1a SGB 5 (vgl BSG vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/05 R = SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 36).

2. Kann ein Versicherter die selbst beschaffte CyberKnife-Strahlentherapie nicht als Naturalleistung von der Krankenkasse verlangen, kommt auch eine Kostenerstattung für aufgewendete Fahrkosten und Hotelkosten nicht in Betracht (vgl BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 19/07 R = BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14 RdNr 23 und BSG vom 4.4.2006 - B 1 KR 5/05 R = BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8 RdNr 25, 29).

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Kostenerstattung in Höhe von 10.083,53 € für eine radiochirurgische Strahlenbehandlung eines Prostatakarzinoms mittels CyberKnife im Zeitraum vom 26.06. bis 29.06.2012.

Bei dem 1957 geborenen und seinerzeit bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Kläger ist am 30.03.2012 ein Prostatakarzinom festgestellt worden. Der behandelnde Facharzt für Urologie Dr. X.... hat ihm mit Schreiben unter dem 04.05.2012 eine Bestrahlung mittels Protonen als optimale Therapieoption empfohlen, weil Folgeerscheinungen der konventionellen Radiatio bzw. der operativen Verfahren, wie z. B. Stressinkontinenz sowie erektile Dysfunktion signifikant seltener anzutreffen seien. Dies würde sich auch positiv auf seine Tätigkeit als Gymnasiallehrer, Trainer und Aktiver im Leistungssport auswirken.

Am 18.05.2012 stellte sich der Kläger bei Prof. Dr. Y.... und PD Prof. Dr. Z.... des Europäischen CyberKnife Zentrums W.... vor. Auf dem Informationsschreiben des Zentrums vom 18.05.2012 war angegeben: “Prostata Ca; Gleason Score 3 + 3 = 6; T2b, PSH:6; CyberKnife als Alternative zu Standard OP und Radiatio„. Ferner wurde darüber informiert, dass die Behandlungsmethode wegen ihrer Neuheit und Einzigartigkeit in den ärztlichen Leistungsverzeichnissen nicht enthalten sei und die Kostenübernahme vom Patienten bei seiner Krankenkasse beantragt werden müsse. Die Behandlungskosten würden sich auf 9.500,00 € belaufen.

Mit diesem beantragte der Kläger am 21.05.2012 bei der Beklagten die Kostenübernahme für die CyberKnife-Strahlenbehandlung. Die Beklagte bat den MDK um eine Einschätzung. Im sozialmedizinischen Gutachten des Facharztes für Strahlentherapie Dr. V.... vom 25.05.2012 teilte dieser mit, dass die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung nicht erfüllt seien. Die Radiochirurgie als stereotaktische Einzeitbestrahlung sei wegen fehlender Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode einzustufen. Es stünden mit der Photonentherapie, insbesondere der intensitäts-modulierten Radiotherapie - IMRT, welche u. a. in der Universitätsklinik A.... und im Klinikum St. G... A.... praktiziert werden würden, vertragsärztliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Neben der nach urologischen Leitlinien indizierten Prostatektomie sei als strahlentherapeutische Alternative zur kleinräumigen und schonenden Behandlung die fraktionierte Bestrahlung am Linearbeschleuniger vorhanden, welche auch im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für vertragsärztliche Leistungen abgebildet sei. Möglich seien (immer Stadien abhängig) ergänzende sog. Brachytherapie-Verfahren mit Jod-Seeds (St. G...) oder in HDR-Brachytherapie-Technik (Uni A....). Die beantragte Maßnahme sei nicht als zwingend medizinisch notwendig zu erachten, zumal Überlegenheitsstudien gegenüber den etablierten Verfahren fehlen würden.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.06.2012 den Antrag des Klägers auf Übe...

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