Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. haftungsbegründende Kausalität. haftungsausfüllende Kausalität. bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Konsensempfehlungen. Chondrose III. Grades. zuständige Berufsgenossenschaft. Feststellungs- und Entschädigungsverfahren. belastende Tätigkeiten bei mehreren Unternehmern. Kesselwärter. Maschinist. Brigadier. Fleischer. Langjähriges Heben und Tragen von Lasten. Ganzkörperschwingungen. Aufgabe der schädigenden Tätigkeit. ursächlicher Zusammenhang. Zuständigkeit. Feststellungsklage
Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzungen der Anerkennung einer BKV Nr 2108 nach den Konsensempfehlungen.
2. Zuständigkeit für das Feststellungs- und Entschädigungsverfahren.
Orientierungssatz
Zur Anerkennung einer Chondrose III. Grades am Segment L 5/S1 als Folge einer Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 2108.
Normenkette
SGB VII § 134; RVO § 551 Abs. 1; BKV Nrn. 2108, 2110; SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 24.09.2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 06.01.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.1999 aufgehoben und festgestellt, dass beim Kläger seit 01.12 . 1995 eine Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage der Berufskrankheitenverordnung (BK-Nr. 2108 BKV) bzw. einer BK-Nr. 2108/2110 BKV.
Der 1953 geborene Kläger begann im Jahr 1970 seine Lehre im Heizkraftwerk der Energieversorgung K. als Kesselwärter und Bekohlungsmaschinist und war auch im Anschluss daran bis 1990 in dem erlernten Beruf, später als Brigadier und Meister, tätig. Unterbrochen war diese Tätigkeit durch den Wehrdienst von November 1973 bis Oktober 1976. Vom 12.02.1990 bis 29.11.1990 ging er einer Beschäftigung als Fleischer nach, bevor er bis 24.01.1991 als Kassierer und in der Folge bis 21.05.1991 als Handelsvertreter arbeitete. Nach einer Umschulung in den Jahren 1992 bis 1993 war er vom 07.06.1993 bis zum 30.11.1995 mit jeweils kurzen Unterbrechungen als Berufskraftfahrer tätig.
Am 19.03.1997 verfasste Dr. R1, Facharzt für Orthopädie, eine ärztliche Anzeige über eine BK. Bei dem Kläger lägen lumbale Rückenschmerzen vor, die sich seit Juni 1996 verschlimmert hätten. Der Kläger führe die Beschwerden auf die schwere körperliche Arbeit bei der Energieversorgung zurück. Es bestehe eine rezidivierende Lumboischialgie bei degenerativen Veränderungen und Spondylolisthesis L5/S1. Am 26.11.1996 erfolgte eine interkorporale Fusion nach Reposition des Segments L5/S1.
Die Beklagte holte Stellungnahmen ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) ein, wonach eine erhebliche Belastung der Wirbelsäule durch die kombinierte Belastung des Hebens und Tragens und der Einwirkung von Ganzkörpervibrationen vorgelegen habe. Da die Tätigkeit langjährig ausgeübt worden sei, lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen einer Erkrankung der LWS vor. Für die Zeit nach 1990 sei nach der Beurteilung des TAD der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen bezüglich der Tätigkeit als Berufskraftfahrer keine gefährdende Schwingungsbelastung aufdeckbar.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung bei Dr. R2 und Oberarzt Dr. F1, Fachärzte für Orthopädie und Rheumatologie am Krankenhaus für Orthopädie D. . Im Gutachten vom 22.09.1998 führten die Sachverständigen aus, die Spondylolisthesis L5/S1, die zur Spondylodese L5/S1 geführt habe, sei nicht auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zurückzuführen, es handele sich vielmehr um eine eigengesetzliche Erkrankung. Eine BK liege nicht vor.
Nach gewerbeärztlicher Stellungnahme durch Dipl.-Med. G1 vom 28.10.1998 verneinte die Beklagte mit Bescheid vom 06.01.1999 das Vorliegen der BK-Nrn. Nrn. 2108, 2109 und 2110 BKV.
Im Widerspruchsverfahren fertigte die Orthopädin Dr. F2 auf Veranlassung der Beklagten am 07.10.1999 ein weiteres Gutachten. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) liege bei dem Kläger nicht vor. Vielmehr leide der Kläger an einer Spondylolisthesis (Wirbelgleiten) im Bewegungssegment L5/S1. Dieser Gefügestörung liege eine Kontinuitätsunterbrechung der Interartikularportion zugrunde, was auf den Röntgenaufnahmen von 1986 zu erkennen sei. Es könne sich dabei um einen angeborenen Defekt handeln, wogegen jedoch die Abschrift eines Röntgenbefundes von 1972 spreche. Ätiologisch wahrscheinlicher sei aber eine anlagebedingte oder im Wachstum auftretende Formveränderung, die zu einer geringeren biomechanischen Belastbarkeit geführt habe. Die sich einstellende Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes, die auch vor der operativen Stabilisierung des Bewegungssegments vorgelegen habe, sei sekundärer Natur und als Folge des Gleitvorgangs zu interpretieren. Eine BK lie...