Verfahrensgang
SG Dresden (Urteil vom 18.01.1995; Aktenzeichen S 2 An 352/94) |
Nachgehend
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Januar 1995 wird auf die Berufung der Beklagten hin aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Unter den Beteiligten ist streitig, ob bei der Überführung von Zusatzversorgungssystemen in die Rentenversicherung den Pflichtbeitragszeiten des Klägers nur ein Teil seines tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts zugrunde zu legen ist.
Der im Januar 1929 geborene Kläger war seit Abschluß seines Studiums als Bau- bzw. Prüfingenieur tätig und gehörte ab 01. Juni 1953 der Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVI) an. Aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen wurde die Tätigkeit, die der Kläger bisher in einem volkseigenen Betrieb ausgeübt hatte, direkt dem Ministerrat der DDR, Ministerium für Bauwesen, unterstellt (ab 01. Juli 1972).
Er arbeitete ab diesem Zeitpunkt bei der Staatlichen Bauaufsicht im Ministerium für Bauwesen, Abt. Kraftverkehrsbau als Prüfingenieur (ab 01. Juli 1992 aufgrund Umstrukturierungen in der Staatlichen Bauaufsicht: Ministerium für Bauwesen, Staatliche Bauaufsicht, Bezirk Dresden).
Mit Wirkung zum 01. Juli 1972 trat er der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates bei.
Zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der DDR stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Dezember 1993 die Entgelte des Klägers während der Zeit der Zugehörigkeit zur AVI sowie während seiner Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates fest und begrenzte sie für die Zeit vom 01. Januar 1953 bis 30. Juni 1972 auf die Beitragsbemessungsgrenze (Anl. 3 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) und für die Zeit vom 01. Juli 1972 bis 30. Juni 1990 nach § 6 Abs. 2 AAÜG. Wegen der so ermittelten Arbeitsentgelte wird auf Bl. 59 der Verwaltungsakte verwiesen. Dieser Bescheid wurde am 09. Februar 1994 abgeändert: Die Begrenzung nach § 6 Abs. 2 AAÜG erfolgte nur bis zum 17. März 1990, dem Tag vor den ersten freien Wahlen zur Volkskammer in der DDR. Den Widerspruch des Klägers gegen die Begrenzungen ab Juli 1972 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 1994 zurück.
Das Sozialgericht Dresden gab in seinem Urteil vom 18. Januar 1995 der am 13. Mai 1994 erhobenen Klage statt. Es verurteilte die Beklagte, bei der Überführung das Bruttoarbeitseinkommen des Klägers in der Zeit vom 01. Juli 1972 bis 17. März 1990 bis zum Wert der Anl. 3 zum AAÜG zu berücksichtigen. § 6 Abs. 2 AAÜG sei mit der Verfassung vereinbar. Die Norm sei jedoch einschränkend auszulegen; die Tätigkeit eines Prüfingenieurs sei nicht erfaßt. Der Gesetzgeber habe durch die Nennung der Anhörigen der Kammer der Technik zu erkennen gegeben, daß er Tätigkeiten dieser Art als nicht besonders nützlich für das Regime ansehe. Diese Auffassung habe er unterstrichen, als er in § 6 Abs. 3 Nr. 4 AAÜG Sicherheitsbeauftragte oder Inhaber einer entsprechenden Funktion, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, von einer Begrenzung ausnahm.
Gegen das der Beklagten am 14. Februar 1995 zugestellte Urteil hat sie am 23. Februar 1995 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, § 6 Abs. 4 i.V.m. der Anl. 7 zum AAÜG sei abschließend und daher einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Januar 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug.
Die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge lagen vor.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Recht hat sie den Pflichtbeitragszeiten, in denen der Kläger der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates angehörte nur ein gekürztes Arbeitsentgelt zugrundegelegt, § 6 Abs. 2 AAÜG. Die Beklagte traf ihre Feststellungen ordnungsgemäß entsprechend den gesetzlichen Vorschriften.
Einer Entgeltbegrenzung steht § 6 Abs. 4 AAÜG nicht entgegen. Die Norm findet keine Anwendung, da der Kläger keiner der in der Anl. 7 zum AAÜG aufgeführten Personengruppen angehört. Er arbeitete beim Ministerium für Bauwesen, Staatliche Bauaufsicht auf Bezirks- bzw. auf Ministerialebene (vgl. § 14 VO über die Staatliche Bauaufsicht vom 22. März 1972 [GBl. DDR 1972, S. 285]). Es lag damit keine hauptamtliche Tätigkeit bei Einrichtungen auf der Ebene der Kreise, Städte, Stadtbezirke oder Gemeinde (§ 6 Abs. 4 i.V.m. Anl. 7 Nr. 1 AAÜG) vor. Auch war der Kläger unstreitig kein Mitarbeiter der Kammer der Technik (§ 6 Abs. 4 i.V.m. mit Anl. 7 Nr. 6 AAÜG.
Die Aufzählung der Anl. 7 zum AAÜG ist nach ihrem eindeutigen und klaren Wo...