Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten. Angemessenheitsmaßstab. Wohnflächengrenze. Sachsen. Produkttheorie. Kosten der Warmwasseraufbereitung
Leitsatz (amtlich)
1. Als Maßstab für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche gem § 22 Abs 1 SGB 2 kann weiterhin die seit 1.4.2004 nicht mehr gültige Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zum Sächsischen Belegungsgesetz (VwV-SächsBelG) vom 22.4.1996 zu Grunde gelegt werden.
2. Die Wohnflächenangaben in der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Modernisierung und Instandsetzung von Mietwohnungen als Ersatzwohnraum im Rahmen des Stadtumbaus (VwV-Ersatzwohnraumförderung) vom 27.6.2005 sind wegen der speziellen Zielstellung des Förderprogrammes nicht geeignet, die Lebensgewohnheiten unterer Einkommensgruppen wiederzuspiegeln.
3. Für die Berechnung der angemessenen Unterkunftskosten nach der Produkttheorie kommt es für die Größe der Unterkunft auf die Wohnungsgröße und nicht auf die Wohnungsaufteilung oder -ausstattung an.
4. Zur Ermittlung der Kosten der Warmwasserbereitung, wenn in einem Haushalt technische Vorrichtungen vorhanden sind, die eine isolierte Erfassung dieser Kosten ermöglichen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26. November 2007 dahingehend abgeändert, dass der Beklagte - unter Abänderung des Bescheides vom 7. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 sowie des Bescheides vom 11. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 - verpflichtet wird, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. September 2005 monatlich 728,05 EUR, für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 605,21 EUR und für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. März 2006 605,65 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Notwendige außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 31. März 2006, insbesondere die Gewährung der vollständigen Kosten der Unterkunft.
Der am … 1966 geborene Kläger ist alleinstehend und erwerbsfähig. Im streitgegenständlichen Zeitraum hatte er kein Einkommen.
Seit dem 1. Juni 1999 bewohnt der Kläger eine 58,01 m² große Mietwohnung, für die er im streitgegenständlichen Zeitraum eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 279,67 EUR, kalte Betriebskosten in Höhe von 52,41 EUR sowie Heizkosten in Höhe von monatlich 71,19 EUR zu entrichten hatte.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 monatlich Arbeitslosengeld II in Höhe von 722,40 EUR.
Bereits hiergegen legte der Kläger am 24. Januar 2005 Widerspruch ein. Durch eine Rundfunksendung des MDR habe er durch Erklärungen einer Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit gehört, dass im ersten halben Jahr des Bezuges von Arbeitslosengeld II die vollen Unterkunftskosten durch die verantwortliche Behörde übernommen würden. Da bei dem angefochtenen Bescheid die Warmwasserkosten abgezogen worden seien, liege ein Verstoß gegen die Übernahme dieser Kosten vor.
Am 3. Mai 2005 stellte der Kläger einen Fortzahlungsantrag. Mit Bescheid vom 7. Juni 2005 bewilligte der Beklagte insgesamt 705,83 EUR monatlich. Hierbei ging der Beklagte von Kosten der Unterkunft in Höhe von 374,83 EUR aus.
Der Bescheid enthält im Übrigen folgenden ergänzenden Hinweistext:
“Ihre Kosten der Unterkunft sind unangemessen hoch. Setzen Sie sich umgehend mit ihrem Fallmanager in Verbindung, um gemeinsam die weitere Vorgehensweise abzustimmen.
Die monatlichen Heizkosten sind so übernommen worden, dass sie bei Beachtung der Grundsätze wirtschaftlicher Lebensführung zur Deckung des Gesamtheizungsbedarfs ausreichen. Wir weisen Sie schon jetzt darauf hin, dass ergänzend zu den monatlichen Abschlagszahlungen nach Ablauf der Heizperiode grundsätzlich keine weiteren Beiträge übernommen werden. Wir bitten sie daher, den Heizungsverbrauch so einzuschränken, dass Nachzahlungen erst gar nicht anfallen. Es liegt also in ihrem eigenen Interesse, den Wärmebedarf laufend zu kontrollieren und im Rahmen angemessener Durchschnittswerte zu halten, da Kosten für einen überdurchschnittlichen Hitzeverbrauch grundsätzlich aus Steuermitteln nicht getragen werden können.„
Hierauf sprach der Kläger am 20. Juni 2005 beim Beklagten vor. Der genaue Inhalt dieses Gesprächs ist streitig. Der Kläger erklärt, es sei hierbei nur um die Heizkosten gegangen. Demgegenüber hat die zuständige Mitarbeiterin des Beklagten, die Zeugin N., schriftlich ausgeführt, der Kläger sei sehr aufgebracht gewesen und habe sich über den ...