Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. Mobilitätshilfe bei wechselndem Einsatzort. Notwendigkeit bzw Kausalität. verfassungskonforme Auslegung. späte Abgabe der ausgefüllten Antragsformulare
Leitsatz (amtlich)
1. Mobilitätsbeihilfen sollen nicht die Kosten für eine Einsatzwechseltätigkeit, dh für eine Tätigkeit mit typischerweise ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, abdecken (vgl LSG Chemnitz vom 3.1.2008 - L 3 AL 166/07).
2. Die neuere Rechtsprechung des BSG zur Notwendigkeit von Mobilitätshilfen nach dem SGB 3 kann auf das SGB 2 übertragen werden (vgl LSG Chemnitz vom 8.10.2009 - L 3 AS 288/08).
3. Zur Frage, ob eine Mobilitätshilfe notwendig ist, wenn das Antragsformular erst ein halbes Jahr nach Arbeitsaufnahme ausgefüllt, unterschrieben und an die zuständige Behörde zurückgesandt wird.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 11. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Mobilitätshilfen für die Zeit vom 28. Oktober 2007 bis 30. April 2008.
Der im ... 1949 geborene und in L… wohnhafte Kläger war vom 1. Dezember 2004 bis 30. September 2006 arbeitslos. Seit November 2005 bewilligte die Beklagte ihm mehrfach Reisekosten und Bewerbungskosten. Die im Zusammenhang mit dem Leiharbeitsvertrag, den der Kläger am 4. Oktober 2006 mit der R.. P… und B…GmbH schloss, gestellten Anträge auf Reisekosten-, Trennungskosten- und Fahrkostenbeihilfe lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheiden vom 13. November 2006 ab. Sie begründete die Entscheidungen damit, dass der Arbeitgeber seinen Sitz in L... habe und dort sein Direktionsrecht ausübe. Er sei deshalb gemäß § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in der Fürsorgepflicht. Auf den Widerspruch des Klägers bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 2007 Fahrkostenbeihilfe. Sie berücksichtigte hierbei die Fahrten des Klägers zwischen seiner Wohnung und dem Einsatzort bei dem Entleiherbetrieb. Hinsichtlich der beiden anderen Mobilitätshilfen wies sie die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 21. Januar 2007 zurück.
Nach erneuter Arbeitslosigkeit, dem Bezug von Arbeitslosengeld II vom 1. November 2006 bis 28. Oktober 2007 und erfolglosen Bewerbungen schloss der Kläger am 26. Oktober 2007 einen Anstellungsvertrag mit der L… GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin), einer Zeitarbeitsfirma. Der 29. Oktober 2007 war als Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Nach Nummer 1 des Vertrages galten der Manteltarifvertrag Zeitarbeit, der Entgeltrahmentarifvertrag Zeitarbeit und der Entgelttarifvertrag Zeitarbeit zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB. Der Bruttolohn betrug bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden 1.939,84 EUR (Nummer 6 Buchst. a und c des Vertrages). Nach Nummer 10 des Vertrages regelte sich der Ersatz von Aufwendungen nach dem Tarifvertrag beziehungsweise dem Beiblatt “Übertarifliche Leistungen der L..„. Nach Nummer 1 dieses Beiblattes erhielt der Kläger eine monatliche Zulage zum Monatsgehalt in Höhe von 60,16 EUR. Nummer 4 des Beiblattes enthielt eine “Übernachtungsregelung„. Danach übernahm die Arbeitgeberin, wenn entfernungsbedingt auftragsbezogene Übernachtungen notwendig waren, die reinen Übernachtungskosten maximal für fünf Übernachtungen pro Woche gegen den Nachweis der Originalbelege. Im Verwaltungsverfahren gab die Arbeitgeberin hierzu an, dass der Kläger auf Grund des Tarifvertrages Zeitarbeit einen Anspruch auf Erstattung der Übernachtungskosten habe; die Fahrkosten würden als individueller Fahrkostenzuschuss freiwillig gezahlt.
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2007 wies die Arbeitgeberin den Kläger ab 29. Oktober 2007 einer Maschinenfabrik in E… (Rhein-Neckar-Kreis) zu. Nach einer Aufstellung des Klägers dauerte dieser Einsatz bis zum 8. Februar 2008. Vom 12. bis 15. Februar 2008 fand eine betriebsinterne Schulung der Arbeitgeberin in deren Niederlassung in N…(Kreis Siegen-Wittgenstein) statt. Ab 19. Februar 2008 war der Kläger einem Automationsunternehmen in K…. zugewiesen. Zum 19. Mai 2008 erfolgte eine Zuweisung an einen neuen Betrieb.
Die Beklagte erfasste unter dem 22. Oktober 2007 als Tag der Antragstellung drei Anträge des Klägers auf Reisekosten-, Fahrkosten- und Trennungskostenbeihilfe. Der Kläger gab als Ort der Arbeitsaufnahme die Adresse der Niederlassung der Arbeitgeberin in M….an, machte bei dem Antrag auf Reisekostenbeihilfe allerdings die Entfernung von seiner Wohnung bis zum Sitz der Arbeitgeberin in D…. (420 km) geltend. Die drei Antragsformulare unterschrieb der Kläger am 26. April 2008 und sandte sie zusammen mit weiteren Unterlagen mit Begleitschreiben vom 11. Mai 2008 an die Beklagte. Dort ging das Unterlagenkonvolut am 16. Mai 2008 ein.
Im Antrag auf Reise...