Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers. Abschluss eines Arbeitsvertrages. Gültigkeitsdauer. Trainingsmaßnahme. Schadensminderungspflicht der BA
Orientierungssatz
1. Nach § 296 Abs 2 SGB 3 entsteht ein Zahlungsanspruch des Vermittlers jedoch nur dann, wenn infolge der Vermittlung des Vermittlers der Arbeitsvertrag zustande gekommen ist. Damit ist nur ein Erfolgshonorar zulässig. Dies bedeutet, dass die Zahlung der Vergütung nicht von der Aufnahme der Tätigkeit, sondern vom Zustandekommen des Arbeitsvertrages abhängt.
2. Bei einer Trainingsmaßnahme gemäß § 48 SGB 3 handelt es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis iS von § 296 SGB 3.
3. Zur Schadensminderungspflicht der Bundesagentur für Arbeit (BA) bei Erlöschen der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines und Unterlassung des Hinweises auf einen die Dauer verlängernden Antrag.
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. November 2004 und der Bescheid vom 09. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2002 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den Betrag von 1.000,00 € auf Grund des Antrages vom 20. August 2002 zu zahlen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten und die Gerichtskosten zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 1.000,00 € für beide Verfahrensinstanzen festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Auszahlung von 1.000,00 € aus einem Vermittlungsgutschein hat.
Der Kläger ist unter der Bezeichnung “Die Arbeitsmakler" auf dem Gebiet der privaten Arbeitsvermittlung tätig. Am 10. Juni 2002 schloss er mit dem Arbeitssuchenden F. S., im Folgenden S., einen Arbeitsvermittlungsvertrag. Nach dessen Ziffer 1 beauftragte S. den Kläger, ihm beim Abschluss eines Arbeitsvertrages behilflich zu sein und übergab zu diesem Zweck den Vermittlungsgutschein vom 07. Mai 2002 über 2.000,00 €. Nach Ziffer 4 des Vertrages ist der Arbeitssuchende zur Zahlung der Provision verpflichtet, soweit das Arbeitsamt eine Zahlung ablehnt, weil der Arbeitsvertrag nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines zustande gekommen.
Der dem S. ausgestellte Vermittlungsgutschein war gültig bis zum 06. August 2002. Er enthielt den Hinweis, dass die Vermittlung innerhalb der Gültigkeitsdauer erfolgen müsse. Maßgebend sei der Tag, an dem der Arbeitsvertrag abgeschlossen werde.
Am 20. August 2002 beantragte der Kläger die Auszahlung von zunächst 1.000,00 € aus dem Vermittlungsgutschein. Er fügte eine Vermittlungsbestätigung der U.. GmbH vom 19. August 2002 bei, wonach mit S. am 19. August 2002 ein Arbeitsvertrag auf Dauer über eine Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich geschlossen worden sei. S. sei dort bisher nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Das Beschäftigungsverhältnis habe am 15. Juli 2002 als Trainingsmaßnahme begonnen. Am 16. Juli 2002 hatte S. eine Bestätigung unterschrieben, vom Kläger erfahren zu haben, dass das vorgenannte Unternehmen Arbeitskräfte suche. Am 16. Juli 2002 hatte S. im Arbeitsamt vorgesprochen. Ein Erhebungsbogen für eine Trainingsmaßnahme vom 22. Juli 2002 bis 16. August 2002, nach welchem die Maßnahme als berufliche Eingliederung erforderlich und angemessen angesehen wurde, war erstellt worden.
Mit Bescheid vom 09. September 2002 lehnte die Beklagte die Auszahlung ab, weil der Arbeitsvertrag nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines abgeschlossen worden sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass eine Verlängerung des Vermittlungsgutscheines erst nach Ablauf der dreimonatigen Geltungsdauer erfolgen könne. Die Trainingsmaßnahme habe auf Grund der Vermittlungstätigkeit am 15. Juli 2002 mit Genehmigung durch das Arbeitsamt begonnen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Arbeitsvertrag am 19. August 2002 und damit außerhalb der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines abgeschlossen worden sei, komme eine Auszahlung nicht in Betracht.
Die hiergegen am 28. Oktober 2002 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 16. November 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für den Auszahlungsanspruch aus § 421g Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei ein dem Vermittler gegenüber dem Arbeitnehmer zustehender Vergütungsanspruch Voraussetzung. Dieser in § 296 SGB III geregelte Vergütungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Gemäß § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III sei der Arbeitssuchende zum Tragen der Vergütung nur verpflichtet, wenn der Arbeitsvertrag infolge der Vermittlung des Vermittlers zustande gekommen sei. Hierbei handele es sich um Erfolgshonorar, wobei die Zahlung der Vergütung nicht mit der Aufnahme der Tätigkeit, sondern mit dem Zustandekommen des Arbeitsvertrages verknüpft sei. In Anbetracht dessen erschein...