Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Chemnitz vom 16.5.2012 - L 1 KR 115/10, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. April 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 931,75 € festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Vergütung von Leistungen der stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein in den Krankenhausplan des Freistaates Sachsen aufgenommenes Krankenhaus. Darin wurde vom 31.03.2004 bis 22.05.2004 ein Versicherter der beklagten Krankenkasse behandelt, dem während dieses Krankenhausaufenthaltes bei Diabetes mellitus mit periphären vaskulären Komplikationen ein Fuß amputiert wurde. Diese Krankenhausbehandlung rechnete die Klägerin auf der Grundlage der Fallpauschale für die Diagnosis Related Group (DRG) F28A (in Höhe von 6.555,52 € zuzüglich Zuschlag bei Überschreitung der oberen Grenzverweildauer von 1.171,36 €) ab; dabei kodierte sie als Hauptdiagnose ICD-10 170.24 (Atherosklerose der Extremitätenarterien: Becken-Bein-Typ, mit Gangrän). Die Beklagte bezahlte die Rechnung zunächst vollständig. Mit Schreiben vom 22.10.2008 zeigte der Medizinische Dienst des Bundeseisenbahn Vermögens (MD-BEV) der Klägerin eine Überprüfung der Kodierung der Hauptdiagnose an und bat um Übersendung der Behandlungsunterlagen. Nach deren Vorlage führte der MD-BEV in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 28.02.2009 aus, die stationäre Aufnahme des Versicherten sei wegen “diabetischen Gangrän des linken Vorfußes„ erfolgt. In einem solchen Fall sei gemäß den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) D003 und 0401 in Verbindung mit den Hinweisen in der ICD-10-GM 2004 der Kode E11.70 (nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus mit multiplen Komplikationen) als Hauptdiagnose anzugeben; der Kode I70.24 sei ausschließlich als Nebendiagnose relevant. Mit Schreiben vom 06.03.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach dieser gutachterlichen Stellungnahme des MD-BEV sei die Krankenhausbehandlung mit der DRG-Fallpauschale K01B (in Höhe von 5.894,42 € zuzüglich Zuschlag bei Überschreitung der oberen Grenzverweildauer von 900,69 €) abzurechnen, und kündigte die Verrechnung mit dem sich daraus ergebenden Differenzbetrag von 931,75 € an. Am 30.04.2009 erklärte die Beklagte die Aufrechnung mit einer anderen Vergütungsforderung der Klägerin (über 1.531,77 € für eine Krankenhausbehandlung vom 19.04.2009 bis 22.04.2009).
Die Klägerin hat am 07.10.2009 beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage auf Zahlung dieses Differenzbetrages erhoben. Der von der Beklagten geltend gemachte Rückzahlungsanspruch sei im Zeitpunkt der Verrechnung bereits verjährt gewesen. Die Beklagte hat erwidert, die Einleitung des Begutachtungsverfahrens durch den MD-BEV habe den Eintritt der Verjährung gehemmt.
Das SG hat mit Urteil vom 21.04.2010 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 931,75 €. Die Beklagte habe zu Recht eine Verrechnung in dieser Höhe vorgenommen. Dem könne die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Anspruch auf Verrechnung verjährt sei. Denn nach damaliger Rechtslage sei die Überprüfungsmöglichkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) noch nicht auf sechs Wochen begrenzt gewesen, wie jetzt nach § 275 Abs. 1c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Auch vertraglich sei keine derartige Regelung vereinbart worden. Damit habe grundsätzlich eine 4-jährige Verjährungsfrist gegolten. Deren Ablauf sei durch die Überprüfungsanzeige des MD-BEV vom 22.10.2008 gehemmt gewesen. Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 8 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach ein vereinbartes Begutachtungsverfahren die Verjährung hemme, sei entsprechend anwendbar. Dem stehe nicht entgegen, dass die Krankenkassen ein gesetzlich vorgeschriebenes Begutachtungsverfahren einzuleiten hätten. Denn mit der Einschränkung auf “vereinbarte„ Begutachtungsverfahren schließe § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB lediglich aus, dass ohne Kenntnis der anderen Seite eingeholte Gutachten die Verjährung hemmen könnten. Die Überprüfung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Es sei nicht festzustellen, dass die Beklagte nachhaltig, über Einzelfälle hinaus gegen vereinbarte Regeln über das Prüfverfahren bei dessen Einleitung verstoßen hätte. Vielmehr sei die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 13.07.2010 eingelegten Berufung. Zum Zeitpunkt der Verrechnung sei der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch bereits verjährt gewesen. Das MDK-Prüfverfahren stelle kein Begutachtungsverfahren im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB dar, da es nicht vereinbart worden, sondern auf Antrag der Beklagten erfolgt sei. Da die Krankenkasse Herrin des Prüfverfahrens sei, sei es auch ihrer Risikosphäre z...