Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage
Leitsatz (amtlich)
Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
Orientierungssatz
Jahresendprämien als Arbeitsentgelt iS der §§ 14 Abs 1 S 1 SGB 4, 6 Abs 1 S 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1.8.1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage steuerfrei iS des § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 4 iVm § 1 ArEV (vgl dazu ausführlich BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 4).
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 22. Mai 2015 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2014 verurteilt, den Bescheid vom 10. September 2004 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1977 bis 1979, 1981, 1982 und 1985 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen sind:
Für das Jahr:
1977 |
677,25 Mark |
1978 |
631,36 Mark |
1979 |
719,40 Mark |
1981 |
791,43 Mark |
1982 |
796,25 Mark |
1985 |
796,25 Mark |
1986 |
719,98 Mark |
1987 |
807,92 Mark |
1988 |
866,25 Mark |
1989 |
866,25 Mark |
1990 |
866,25 Mark |
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Zuflussjahre 1977 bis 1979, 1981, 1982 und 1985 bis 1990 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1940 geborenen Kläger wurde, nach einem Hochschulstudium in der Fachstudienrichtung Fertigungstechnik an der Technischen Universität A... in der Zeit von Oktober 1962 bis Februar 1968, mit Urkunde vom 9. Mai 1968 der akademische Grad “Diplom-Ingenieur„ verliehen. Anschließend absolvierte er in der Zeit von September 1968 bis Juli 1970 ein viersemestriges Abendstudium an der Ingenieurschule für Elektronik und Informationsverarbeitung G... und erhielt mit Urkunde vom 10. Juli 1970 das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung “Fachingenieur für Datenverarbeitung„ erteilt. Er war vom 11. März 1968 bis 31. Dezember 1976 als Planungstechnologe und vom 1. Januar 1977 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Rationalisierungsingenieur jeweils im volkseigenen Betrieb (VEB) Tabak- und Industriemaschinen A... bzw. dem unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb, dem VEB Verpackungsmaschinenbau A... beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Mit Bescheid vom 10. September 2004 stellte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Mai 1968 bis 26. Februar 1983 und vom 9. April 1983 bis 30. Juni 1990 als “nachgewiesene Zeiten„ der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die rückwirkende Neufeststellung der Zusatzversorgungszeiten unter Einbeziehung von Jahresendprämien als glaubhaft gemachtes Entgelt. Dem Antrag fügte er eine schriftliche Erklärung des Zeugen C... vom 20. Mai 2014 bei, aus der sich ergibt, dass der Kläger wie alle Mitarbeiter des VEB Verpackungsmaschinenbau A... jährlich eine Jahresendprämie erhalten habe.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2014 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2014 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Bescheid vom 10. September 2004 könne nicht abgeändert werden, da der Zufluss der begehrten zusätzlichen Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei. Die Zeugenerklärung reiche nicht aus, um Grund und Höhe weiterer Entgelte über mehrere Jahrzehnte glaubhaft zu machen.
Die hiergegen am 7. Januar 2015 erhobene Klage, mit der der Kläger konkretisierend die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1977 bis 1979, 1981, 1982 und 1985 bis 1990 begehrte, ha...