Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108. haftungsbegründende Kausalität. monosegmentaler Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1. Fehlen einer Begleitspondolyse. Konstellation B3 nach den Konsensempfehlungen. Stahlbetonbauer

 

Leitsatz (amtlich)

BK 2108 - zur Konstellation B3 nach den Konsensempfehlungen.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 21.10.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK-Nr. 2108 BKV).

Der 1974 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 03.06.2014 die Anerkennung einer Berufskrankheit mit Hinweis auf einen Bandscheibenvorfall. Er sei seit dem 16. Lebensjahr auf dem Bau als Stahlbetonbauer tätig. Im Fragebogen vom 24.06.2014 gab er Wirbelsäulenbeschwerden seit 2011 mit Ausstrahlung ins linke Bein an.

Neben Unterlagen der Krankenversicherung des Klägers zog die Beklagte u. a. einen Arztbrief des Z.... Klinikum Y.... vom 31.05.2013 bei. Danach wurde eine therapieresistente Radikulopathie L5/S1 links bei NPP intraforaminal links diagnostiziert. Am 29.05.2013 erfolgte operativ eine Nukleotomie L5/S1 links. Beigezogen wurde von der Beklagten ferner ein MRT-Befund vom 21.03.2013 bezogen auf eine MRT-Untersuchung vom 20.03.2013 ("Beurteilung: Extrusion bei L5/S1 mit Verdacht auf Teilsequestration und Alteration der Wurzel S1 links sowie Verlegung des linken Neuroforamens in dieser Höhe (Klinik?). Keine Vertebrostenosen oder rechtsseitige Foraminaeinengungen. Conus medullare und Cauda equina werden unauffällig dargestellt. Kein Anhalt für knochenmark-infiltr. Prozess im Bereich der dargestellten Skelettanteile."

Nach Beiziehung von Auskünften der Arbeitgeberin des Klägers erstellte die Beklagte am 03.09.2014 eine Expositionsanalyse, nach der der Kläger in dem Zeitraum vom 01.08.1991 bis zum 04.03.2013 einer Gesamtdosis von 24 MNh ausgesetzt war. In einer ergänzenden Stellungnahme zur Exposition vom 19.12.2014 wurde das Vorliegen der Zusatzkriterien der B2-Konstellation verneint. Wegen der Einzelheiten dieser Stellungnahmen wird auf Blatt 90 bis 103 sowie auf Blatt 133 bis 139 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Beratungsärztlich nahm für die Beklagte am 09.10.2014 Dr. X.... Stellung. Röntgenologisch zeigten die Aufnahmen vom 05.03.2013: Verlauf der Lendenwirbelsäule ohne Befund, L1 bis L5 ohne Befund, keine Chondrosen, keine Spondylosen, erstgradige Chondrose im Segment L5/S1; Röntgenaufnahmen vom 29.08.2013 zeigten keine Befundänderung. Aus dem MRT der Lendenwirbelsäule vom 20.03.2013 ergäbe sich ein NPP L5/S1, sonst ohne Befund. Gegeben sei die Konstellation B3, es liege kein belastungskonformes Schadensbild vor. Betroffen sei nur L5/S1, das Vorliegen einer Begleitspondylose wurde verneint. Eine BK-Nr. 2108 BKV sei abzulehnen.

Mit Bescheid vom 20.03.2015 verneinte die Beklagte das Vorliegen einer BK-Nr. 2108 BKV. Grundlage für die Beurteilung der Lendenwirbelsäulenerkrankung seien die medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule (sogenannte "Konsensempfehlungen"). Danach müssten die medizinischen Beurteilungskriterien zum Krankheitsbild geprüft und mögliche Konkurrenzursachen für die Entstehung der Erkrankung berücksichtigt werden. Nach Einholung und Auswertung sämtlicher medizinischer Befundunterlagen, insbesondere der Röntgenaufnahmen, liege eine anerkennungsfähige Konstellation nicht vor.

Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 09.04.2015 an. Die Wirbelsäulenerkrankung sei auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Er habe über 20 Jahre auf Montage als Beton- und Stahlbetonbauer auf Großbaustellen ohne Unterbrechung durch langwierige Krankheit und Arbeitslosigkeit gearbeitet. Er habe den Beruf mit 16 Jahren erlernt und ihn ununterbrochen, bis auf ein Jahr Wehrdienst, bis zum 04.03.2013 ausgeübt. Risikosportarten, Leistungssportarten oder andere private Tätigkeiten, die zur Schädigung der Wirbelsäulen geführt haben könnten, habe er nie betrieben. Der Beruf des Stahlbetonbauers sei nachweislich mit einer harten Arbeitstätigkeit verbunden. Heben und Bewegen von schweren Lasten unter teils extremen Witterungsbedingungen gehörten zum täglichen Arbeitsablauf über die gesamten Jahre.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass eine BK-Nr. 2108 BKV eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein k...

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