Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente. Wohnsitzverlegung von den alten in die neuen Bundesländer. Entgeltpunkte (Ost) für Fremdrentenzeiten. Verfassungskonformität der Regelung des Art 6 § 4 Abs 6 FANG
Leitsatz (amtlich)
Art 6 § 4 Abs 6 S 1 Buchst c FANG, wonach bei Berechtigten nach dem FRG, die nach dem 31.12.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt von den alten in die neuen Bundesländer verlegen und bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG haben, für nach dem FRG anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) zu ermitteln sind, unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Orientierungssatz
1. Zum Eigentumsschutz von Rentenanwartschaften nach dem FRG (vgl BVerfG vom 21.7.2010 - 1 BvL 11/06 ua = BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 sowie vom 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 ua = BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5).
2. Rentenanwartschaften und -ansprüche, die allein durch das Fremdrentenrecht begründet sind, unterfallen nicht dem Eigentums- und Vermögensschutz, wenn ihnen Beitrags- oder Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die allein in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. August 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Wert des Rechts des Klägers auf die von der Beklagten gewährte Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Dezember 2009, konkret darüber, ob die Beklagte die Rentenleistung des Klägers nach dessen Wohnsitzverlegung von M… nach H… unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten (Ost) für nach dem Fremdrentengesetz (FRG) bewertete Zeiten berechnen durfte.
Der 1938 geborene Kläger lebte und arbeitete bis zu seiner Flucht am 13. Juli 1969 in der Tschechoslowakei und nahm ab 13. Juli 1969 seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland ein, zunächst in N… (Hessen), ab 1974 in W… und ab 2001 in M… (Baden-Württemberg). Er ist seit Januar 1972 Inhaber eines Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge der Kategorie A. Mit Bescheid der Beklagten vom 25. November 1985 bewertete diese die vom Kläger im Zeitraum vom 1. August 1953 bis 12. Juli 1969 zurückgelegten Beitrags-, Ersatz- und Ausfallzeiten nach dem FRG.
Auf den Antrag des Klägers vom 9. Mai 1995 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Mai 1995 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Der Berechnung lagen auch die glaubhaft gemachten Zeiten nach dem FRG vom 1. August 1953 bis 12. Juli 1969 zugrunde. Auf den Antrag des Klägers vom 31. Januar 2001 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Dezember 2002 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Januar 2001, erneut unter Zugrundelegung der nach dem FRG anerkannten Zeiten vom 1. August 1953 bis 12. Juli 1969. Der Rentenbescheid enthielt dabei den Hinweis, dass eine Wohnsitzverlegung vom Gebiet der alten in die neuen Bundesländer mit einer Rentenminderung verbunden sei.
Am 1. August 2007 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz von M… (Baden-Württemberg) nach H… (Sachsen). Die Beklagte erlangte hiervon am 17. Oktober 2007 Kenntnis.
Mit Rentenneufeststellungbescheid vom 9. Oktober 2009 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers für schwerbehinderte Menschen ab 1. Dezember 2009 neu fest, in dem sie für die nach dem FRG bewerteten Zeiten Entgeltpunkte (Ost) zugrunde legte, sodass sich der monatliche Zahlbetrag ab 1. Dezember 2009 von bisher 1.531,18 Euro auf 1.487,39 Euro verringerte. In Anlage 10 des Rentenbescheides führte sie aus, dass eine Aufhebung des Bescheides vom 30. Dezember 2002 für die Vergangenheit nicht in Betracht komme. Mit dem am 29. Oktober 2009 gegen den Rentenneufeststellungsbescheid vom 9. Oktober 2009 erhobenen Widerspruch, machte der Kläger geltend, der Bescheid enthalte keine Begründung, weshalb und für welchen Zeitraum eine Bewertung in Entgeltpunkte (Ost) vorgenommen worden sei. Mit Erläuterungsschreiben vom 17. Februar 2010 wies die Beklagte darauf hin, dass die Neufeststellung der Altersrente ab 1. Dezember 2009 durch den Bescheid vom 9. Oktober 2009 wegen des Verzugs des Klägers nach H… ab 1. August 2007 erfolgt sei, sodass den Zeiten nach dem FRG Entgeltpunkte (Ost) zugrunde zu legen seien. Mit Schreiben vom 26. Mai 2010 ergänzte der Kläger seinen Widerspruch dahingehend, dass die zugrundeliegende Vorschrift wegen Verstoßes gegen sein Recht auf Freizügigkeit verfassungswidrig sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Art. 6 § 4 Abs. 6 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) regele, unter welchen Voraussetzungen für FRG-Zeiten Entgeltpunkte (Ost) zu ermitteln seien. Mit dem Verzug ins Beitrittsgebiet seien bei der Rentenberechnung des Klägers Entgeltpunkte (Ost) für die FRG-...