Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Zuschnitt der Honorarkontingente. Anknüpfung an Abrechnungsvolumina. Berechnung auf der Grundlage einer rechtswidrigen Regelung ≪hier Arztzahlveränderung≫. Honorarverteilungsgerechtigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Regelung in einem Honorarverteilungsmaßstab, die für den Zuschnitt von Honorarkontingenten an die tatsächlich in einem Referenzzeitraum ausbezahlten Abrechnungsvolumina anknüpft, ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil in dem Referenzzeitraum die Vergütungen auf der Grundlage einer rechtswidrigen Regelung (hier: Arztzahlveränderungsregelung) berechnet worden sind.
2. Eine derartige Regelung verstößt jedenfalls dann nicht gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wenn die Korrektur der Folgewirkungen der rechtswidrigen Regelung (hier: Arztzahlveränderungsregelung) mit dem Ziel der rückwirkenden Ermittlung der Abrechnungsvolumina, die rechtmäßigerweise hätten ausbezahlt werden müssen, mit einem ganz erheblichen Aufwand verbunden ist, sich die Einkommenseinbußen der betroffenen Honorargruppen in Grenzen halten, eine rechtmäßige Regelung mit ähnlichen Auswirkungen denkbar ist und es sich um ein Übergangsproblem handelt.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt 3/4 der Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beklagte trägt 1/4 der Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zuletzt noch die Vergütung der Leistungen von Hals-Nasen-Ohren-(HNO-)Ärzten, insbesondere deren Punktwert, in den Quartalen IV/2000 bis II/2001.
Die Klägerin ist Fachärztin für HNO-Heilkunde und nimmt in Dresden an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) sah ab dem Quartal III/1996 fachgruppenbezogene Teilbudgets vor, darunter einen Fonds für “Fachärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde bzw. Phoniatrie und Pädaudiologie„ (§ 2 Abs. 3 Satz 2 HVM vom 23.11.1996). Die Gesamtvergütung wurde nach Bereinigung um Vorwegabzüge (§ 2 Abs. 2 HVM vom 23.11.1996) auf die einzelnen Facharztgruppen nach deren Anteil an der Gesamtvergütung im entsprechenden Quartal des Jahres 1995 aufgeteilt (§ 2 Abs. 4 Satz 1 HVM vom 23.11.1996); dabei war die nach dem 31.12.1995 stattfindende Veränderung der Anzahl der in der jeweiligen Facharztgruppe zugelassenen Ärzte ab einer Veränderungsrate von über 10 % zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 4 Satz 2 HVM vom 23.11.1996). Ab dem Quartal III/1997 war für die Aufteilung der Gesamtvergütung der Anteil der Facharztgruppe im gesamten Jahr 1995 (§ 2 Abs. 4 Satz 1 HVM vom 08.11.1997) maßgebend; außerdem war jede Arztzahlveränderung zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 4 Satz 2 HVM vom 08.11.1997). Eine Stützungsregelung sah vor, dass die Punktwerte in den einzelnen Fonds den durchschnittlichen kurativen Punktwert über alle Fonds um höchstens 20 % - ab dem Quartal I/1999 um höchstens 10 % - unterschreiten durften; diese Regelung war getrennt auf die Honorarfonds mit budgetierten und unbudgetierten Leistungserbringern anzuwenden (§ 2 Abs. 5 Satz 2 und 3 HVM vom 08.11.1997, § 2 Abs. 5 Satz 2 und 3 HVM vom 27.01.1999). Diese Regelungen galten im Wesentlichen unverändert bis zum Quartal IV/1999. Ab dem Quartal I/2000 wurde die Gesamtvergütung - nach Bereinigung um allgemeine Abzüge und Zuführungen (§ 2 HVM vom 24.06.2000) - getrennt für den haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich verteilt (§ 3 HVM vom 24.06.2000). Im fachärztlichen Versorgungsbereich erfolgte die Aufteilung der Mittel nach Vornahme weiterer Abzüge und Zuführungen (§ 5 Abs. 1 und 2 HVM vom 24.06.2000) entsprechend dem um Vorwegabzüge bereinigten Gesamtvergütungsanteil der jeweiligen Honorargruppe im Jahr 1999 (§ 5 Abs. 4 HVM vom 24.06.2000); die nach dem 31.12.1999 stattfindende Veränderung der Arztzahl war zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 5 HVM vom 24.06.2000). Weiterhin sah eine Stützungsregelung vor, dass die Punktwerte in den einzelnen fachärztlichen Fonds den durchschnittlichen kurativen Punktwert über alle fachärztlichen Fonds - getrennt nach Honorarfonds mit budgetierten und unbudgetierten Leistungserbringern - um höchstens 10 % unterschreiten durften (§ 5 Abs. 6 Satz 2 und 3 HVM vom 24.06.2000). Darüber hinaus war der Vorstand der Beklagten ermächtigt, bei Unterschreiten des Punktwertdurchschnitts der budgetierten bzw. unbudgetierten fachärztlichen Honorargruppen um 15 % eine Anpassung der auf die Fonds entfallenden Gesamtvergütungsanteile vorzunehmen (§ 5 Abs. 7 HVM vom 24.06.2000). Ab dem Quartal IV/2000 entfiel die Arztzahlveränderungsregelung; stattdessen wurde in § 5 Abs. 5 HVM vom 30.03.2001 die Berücksichtigung des Versorgungsbereichswechsels vorgeschrieben. Für die Aufteilung der Mittel auf die einzelnen Facharztgruppen war deren um Vorwegabzüge bereinigter Gesamtve...