Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Einsatz von Vermögen. Anspruch auf Herausgabe sichergestellten Bargeldes. Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch nach § 7 Abs 1 S 3 AsylbLG
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf die Herausgabe sichergestellten Bargeldes erlischt, sofern nach der Freigabe mit einem Kostenerstattungsanspruch nach § 7 Abs 1 S 3 AsylbLG aufgerechnet wird.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom
Mai 2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin dazu verpflichtet ist, dem Beklagten 16.236,20 Euro an erbrachten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu erstatten.
Die 1971 geborene Klägerin ist syrische Staatsbürgerin. Sie reiste am 20. November 2015 gemeinsam mit ihrem Ehemann, Herrn Y...., und den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern illegal in das Bundesgebiet ein und wurde am Bahnhof X.... durch die Bundespolizei überprüft. Dabei beantragte die Familie, ihr Asyl zu gewähren. Unter Hinweis auf § 7a AsylbLG übernahm die Bundespolizei in Amtshilfe für den Beklagten von der Klägerin einen Bargeldbetrag von 17.000 US$ sowie von 1.550 Euro unter Belassung eines "Schonbetrages" vom 100 US$ und 200,90 Euro. Während ihrer Vernehmung noch am selben Tag durch die Polizeihauptmeisterin W.... unter Anwesenheit eines Dolmetschers teilte die Klägerin mit, sie habe das Geld aus dem Verkauf ihrer Wohnung und ihres Autos in Syrien erhalten.
Schließlich erteilte ihr der Beklagte am 8. April 2016 einen schriftlichen Bescheid. Demnach sei die Klägerin dazu verpflichtet, dem Beklagten sofort eine Sicherheit in bar von 17.000 US$ sowie 1.500 Euro zur Absicherung der zu gewährenden Leistungen nach dem AsylbLG zu leisten. Der Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung an. In ihrem Schreiben vom 18. März 2016 hatte die Klägerin den Beklagten darum gebeten, ihr den sichergestellten Betrag auszuhändigen, da sie beabsichtige, das Bundesgebiet gemeinsam mit ihrer Familie zu verlassen. Im Widerspruch vom 9. Mai 2016 führte die Klägerin ergänzend aus, dass ihr der Geldbetrag nicht gehöre. Sie habe sich das Geld von anderen Familienmitgliedern geliehen, um die Reisekosten für sich und ihre Familie zu finanzieren. Dieser Vortrag werde bestätigt durch eine Notiz auf der Rückseite des Schreibens ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni 2016.
Am 3. Juni 2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) der Klägerin und ihrer Familie die Flüchtlingseigenschaft zu. Der Beklagte erteilte ihnen daraufhin eine auf den V.... bezogene Wohnsitzauflage (Bescheid vom 3. August 2016). Sodann erließ der Beklagte am 30. Januar 2017 den Widerspruchsbescheid. Die Höhe des einzubehaltenden Betrages reduzierte er um 10 Euro auf nunmehr 16.236,20 Euro.
Hinsichtlich des nicht angerechneten Vermögensfreibetrags von 600 Euro verpflichtete er sich, diesen an die Klägerin auszuzahlen. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Nach § 7 Abs. 1 AsylbLG seien die Klägerin und ihre Familienangehörigen dazu gehalten gewesen, zunächst das mitgeführte Bargeld für den Lebensunterhalt einzusetzen, bevor Leistungen nach dem AsylbLG zu gewähren gewesen seien. Selbst wenn die Klägerin das Geld nur darlehensweise erhalten haben sollte, habe sie nach der Ansicht des Beklagten doch frei darüber verfügen können. Lediglich die Freibeträge für die drei Kinder seien versehentlich unberücksichtigt geblieben (jeweils 200 Euro), so dass der Klägerin 600 Euro auszuzahlen seien. Demgemäß sei die Sicherheitsleistung in Höhe von 16.236,20 Euro nach § 7a AsylbLG zu Recht verlangt worden. Dieser Betrag sei von der Klägerin zur Erstattung gewährter Leistungen nach dem AsylbLG einzusetzen.
Mit Bescheid vom 14. März 2017 setzte der Beklagte gegen die Klägerin einen Erstattungsbetrag von 16.236,20 Euro fest und ordnete die sofortige Vollziehung an. Die am 20. November 2015 einbehaltene Sicherheitsleistung gab der Beklagte frei, rechnete jedoch zugleich seine Erstattungsforderung in gleicher Höhe gegen den Rückgewähranspruch der Klägerin auf. Ausweislich der Kostenzusammenstellung für die Zeit vom 10. Dezember 2015 bis zum 1. Juli 2016 hatte der Beklagte für die Klägerin und die drei Kinder Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe von 16.564,67 Euro erbracht.
Gegen den Anordnungsbescheid vom 8. April 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2017 hat sich die am 1. März 2017 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobene Klage gerichtet. Das am 20. November 2015 beschlagnahmte Bargeld habe sich die Klägerin von Bekannten geborgt. Darüber existiere ein Schuldschein, der zur Akte gereicht worden sei. Nachdem der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, könne sie die Rückzahlung des sichergestellten Betrages verlangen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22. Mai 2018). Der Beklagte sei nach § ...