Leitsatz (amtlich)
Ein Lohnsteuerklassenwechsel kann erst nach seiner tatsächlichen Eintragung auf der Lohnsteuerkarte vom Arbeitsamt berücksichtigt werden.
Eine zeitliche Verlagerung des Lohnsteuerklassenwechsels kommt auch im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht in Betracht, weil eine etwaige Falschberatung durch das Arbeitsamt nicht durch eine rechtmäßige Diensthandlung korrigiert werden kann.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 11. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger für die Zeit vom 16. September 1996 bis zum 30. April 1998 höheres Arbeitslosengeld zusteht.
Der am ... geborene, verheiratete, Kläger war vom 03. November 1969 bis 31. Mai 1995 als Kesselhausleiter beschäftigt. Vom 1. Juni 1995 bis 15. September 1996 bezog er Krankengeld. Am 13. September 1996 meldete er sich arbeitslos und stellte einen Antrag auf Arbeitslosengeld. Zu Beginn des Jahres 1996 war auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV eingetragen.
Mit Bescheid vom 25. September 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger für 676 Tage Alg nach dem allgemeinen Leistungssatz mit einem Leistungsbeginn am 16. September 1996. Dabei ordnete sie den Kläger entsprechend Lohnsteuerklasse IV der Leistungsgruppe A zu. Der wöchentliche Leistungssatz wurde auf DM 281,40 (wöchentliches gerundetes Bruttoarbeitsentgelt: DM 740,00) festgelegt.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 1996 begehrte er eine höhere Leistung, weil er teilweise geminderte Arbeitsentgelte bezogen habe.
Mit Bescheid vom 30. Oktober 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin ab 16. September 1996 Arbeitslosengeldleistungen mit einem wöchentlichen Leistungssatz in Höhe von DM 283,80 (wöchentliches gerundetes Bruttoarbeitsentgelt: DM 750,00).
Durch bindend gewordenen Widerspruchsbescheid vom 06. Februar 1997 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück. Insbesondere lägen die Voraussetzungen von
§ 112 Abs. 7 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht vor. Eine unbillige Härte liege nach § 112 Abs. 7 AFG dann vor, wenn der Arbeitslose in den letzten drei Jahren vor Arbeitslosmeldung überwiegend eine berufliche Tätigkeit mit einem erheblich höheren Arbeitsentgelt ausgeübt habe. Als erheblich höher sei das Arbeitsentgelt erst dann anzusehen, wenn es das nach § 112 Abs. 1 bis 6 AFG ermittelte Arbeitsentgelt um mehr als zehn v. H. übersteige. Im maßgeblichen Zeitraum vom 16. September 1993 bis 15. September 1996 habe der Kläger aber nicht überwiegend eine Tätigkeit mit einem Arbeitsentgelt von mehr als 770,00 DM wöchentlich (700,00 DM + 10 %) ausgeübt. Vielmehr habe er nur im Teilmonat September 1993 und in den Monaten November 1993 bis Juli 1994 - insgesamt also neuneinhalb Monate - ein Arbeitsentgelt von mehr als 770,00 DM erzielt. In den Monaten Oktober 1993 und August 1994 bis Mai 1995 habe er ein Arbeitsentgelt von weniger als 770,00 DM wöchentlich erzielt. Auch für den Zeitraum des Bezuges von Krankengeld von Juni 1990 bis 15. September 1996 sei kein Arbeitsentgelt erzielt oder der Berechnung des Krankengeldes zugrunde gelegt worden, welches über 770,00 DM wöchentlich gelegen habe. Insgesamt habe der Kläger für 26 1/2 Monate Arbeitsentgelt von unter 770,00 DM wöchentlich erhalten. Somit habe er in der überwiegenden Zeit des Dreijahreszeitraums kein wesentlich höheres Arbeitsentgelt erzielt.
Am 30. April 1998 teilte der Kläger der Beklagten mit, nach einem Steuerklassenwechsel sei am 30. April 1998 Lohnsteuerklasse III eingetragen worden. Seine Ehefrau erhalte ausweislich des Bescheids vom 04. Juli 1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit einem Rentenbeginn am 26. Oktober 1995.
Mit Änderungsbescheid vom 12. Mai 1998 berücksichtigte die Beklagte den Wechsel des Klägers nach Lohnsteuerklasse III ab 01. Mai 1998 und bewilligte ihm ab diesem Zeitpunkt Leistungen nach Leistungsgruppe C.
Hiergegen legte der Kläger durch Schreiben vom 15. Mai 1998 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, bei der Beantragung seines Arbeitslosengeldanspruches am 16. September 1996 habe er darauf hingewiesen, dass seine Ehefrau Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe. Die Mitarbeiterin der Beklagten habe ihn folglich im Hinblick auf einen möglichen Wechsel von Steuerklasse IV nach Steuerklasse III beraten müssen, damit er Leistungen nach der für ihn günstigeren Leistungsgruppe C hätte beziehen können. Für die Zeit vom 16. September 1996 bis 30. April 1998 müssten ihm Arbeitslosengeldleistungen nach der Leistungsgruppe C gewährt werden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Da für ihn zu Beginn des Jahres 1996 die Steuerklasse IV auf seiner Lohnsteuerkarte eingetragen gewesen sei, habe die Bewilligung des Arbeitslosengeldes ab 16. September 1996 gemäß § 113 AFG nach Leistungsgruppe A erfolgen müssen. Die Ände...