Entscheidungsstichwort (Thema)
Strukturanpassungsmaßnahme Ost. Förderungsfähigkeit. Wirtschaftsunternehmen im gewerblichen Bereich. Gewinnerzielungsabsicht. Gewerbebegriff. Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs
Orientierungssatz
1. Wirtschaftsunternehmen der öffentlichen Hand im Bereich der Daseinsvorsorge unterfallen nicht § 415 Abs 3 SGB 3.
2. Im Bereich der Leistungsverwaltung spielt es insofern keine Rolle, in welcher Rechtsform die öffentliche Einrichtung betrieben wird.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 08. Januar 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin für beide Verfahrenszüge nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Förderungsfähigkeit einer Strukturanpassungsmaßnahme Ost für Wirtschaftsunternehmen.
Unternehmensgegenstand der Klägerin, die in der Rechtsform einer GmbH organisiert ist, ist der Schienenpersonennahverkehr. Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin heißt es u. a.:
"Präambel
Getragen vom Willen, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Mittelsachsen signifikant zu verbessern und zu attraktivieren, gründen die C Verkehrs-Aktiengesellschaft und die Autobus GmbH S -- Regionalverkehr die Gesellschaft "City-Bahn C GmbH". Der Deutschen Bahn-AG wird zeitlich befristet die Option eingeräumt, der Gesellschaft beizutreten. Die Gesellschaft hat zum Ziel, auf der vorhandenen Schieneninfrastruktur der DB AG und CVAG sowie zum Zwecke deren Verknüpfung zu schaffenden speziellen Trassen SPNV durchzuführen, aufbauend auf der Machbarkeitsstudie zum "C Modell", die Verkehrswege Eisenbahn und Straßenbahn in zukunftsweisender Form zu verknüpfen und den Fahrgästen mit Fahrzeugen, die vom Eisenbahnnetz auf die Strecken der Straßenbahn und umgekehrt übergehen können, umsteigefreie Verbindungen in die C Innenstadt und in die Region anzubieten.
...
§ 2
Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung und Verwaltung von Nahverkehrsleistungen im ÖPNV entsprechend den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie zum "C Modell". Ferner ist Gegenstand des Unternehmens die Erledigung aller damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängenden Geschäfte.
...
§ 16
1. Die Geschäftsführer haben in den ersten drei Monaten des neuen Geschäftsjahres den Jahresabschluss (Bilanz neben Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang) und den Lagebericht für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen und dem Abschlussprüfer zur Prüfung vorzulegen.
2. Die Geschäftsführer haben den Jahresabschluss und den Lagebericht gemeinsam mit dem schriftlichen Prüfungsbericht des Abschlussprüfers unverzüglich nach Fertigstellung mit ihren Vorschlägen zur Verwendung des Ergebnisses, den Gesellschaftern zur Beschlussfassung vorzulegen.
3. Die Gesellschafter beschließen jährlich in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres über die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verwendung des Ergebnisses nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschrift des § 29 GmbHG, sowie über die Entlastung der Geschäftsführer und bestellen den Abschlussprüfer."
Gesellschafter der neben der CVAG an der Klägerin beteiligten Autobus GmbH S-Regionalverkehr sind die Landkreise im Umkreis von C. Nachdem die Deutsche Bundesbahn AG von ihrer Beitrittsoption keinen Gebrauch gemacht hat, hält die CVAG 60 v.H. und die Autobus GmbH S-Regionalverkehr 40 v. H. des Stammkapitals der Klägerin.
Mit am 03. Dezember 1998 bei der Beklagten eingegangenem Antrag vom 24. November 1998 auf eine Strukturanpassungsmaßnahme Ost für Wirtschaftsunternehmen begehrte die Klägerin für die Zeit vom 04. Januar 1999 bis 03. Januar 2000 die Förderung einer Tätigkeit in der Geschäftsleitung für einen Arbeitnehmer.
Mit Bescheid vom 28. Januar 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Wirtschaftsunternehmen im Sinne von § 415 Abs. 3 SGB III seien Unternehmen, bei denen die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund des Geschäftszweckes stehe. Aus dem Gesellschaftsvertrag gehe hervor, dass der Gegenstand des Unternehmens von der Erbringung und Verwaltung von Nahverkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr bestimmt werde. Nahverkehrsleistungen würden im Rahmen eines Versorgungsauftrages erbracht. Somit stehe dieser Versorgungsauftrag und nicht die Absicht zur Gewinnerzielung im Vordergrund der Gesellschaftstätigkeit. Eine eventuelle Erzielung von Überschüssen werde nur im Zusammenhang mit der Deckung eigener Personal- und Materialkosten akzeptiert. Die Klägerin sei somit -- unabhängig von ihrer Rechtsform -- grundsätzlich einem kommunalen Versorgungsbetrieb gleichzusetzen.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben ihres Geschäftsführers vom 19. Februar 1999 Widerspruch ein. Insbesondere ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin die geforderte Gewinnerzielungsabsicht, weil in § 16 geregelt werde, dass die Gesellschafter über die Verwendung des Ergebnisses beschlössen, was voraussetze, dass ein ebens...