Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit bereits bei Eintritt in die Beschäftigung. kein Anspruch
Orientierungssatz
Eine bereits bei Eintritt in die Beschäftigung vorliegende Arbeitsunfähigkeit löst keinen Anspruch auf Krankengeld aus.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 12. Februar 2020 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld (KG).
Der 1964 geborene Kläger war zuletzt als niedergelassener Zahnarzt in eigener Praxis tätig und ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 8. Juni 2013 erlitt er einen Fahrradunfall mit Schädel-Hirn-Trauma und retrograder Amnesie, in dessen Folge seine Zahnarztzulassung zunächst bis 30. April 2014 ruhte; am 11. August 2016 wurde ihm vom Zulassungsausschuss für Zahnärzte im Freistaat Sachsen seine Zulassung entzogen. Eine Bewerbung als Arzt im Jugendzahnärztlichen Dienst beim Landkreis Y. scheiterte (vgl. Arbeitsgericht B., Urteil vom 12. Dezember 2016 - ….).
Am 12. November 2016 erstatte Dr. Dr. X., Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie, im Auftrag der Zahnärzteversorgung Sachsen ein Gutachten zur Feststellung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers. Nach einer rund sechsstündigen Untersuchung des Klägers am 7. Oktober 2016 gab der Sachverständige als Diagnose eine chronische Anpassungsstörung im Rahmen einer Verbitterungsstörung (F43.2) an. Aktuell bestehe kein Hinweis auf eine primär hirnorganische Beeinträchtigung. Der Kläger sei bewusstseinsklar und allseits orientiert; Auffassungs-, Merkfähigkeits- oder Konzentrationsstörungen seien nicht eruierbar. Im klinischen Befund sei der Kläger jedoch ausgeprägt misstrauisch, leicht zwanghaft, in der Schwingungsfähigkeit reduziert, verbittert, psychomotorisch unruhig, ausgeprägt dysphorisch, parathym , sarkastisch und gereizt. Ein wirklich guter Rapport habe auch bei zunehmendem Gesprächsverlauf nicht erreicht werden können. Die kognitive Leistungstestung habe er vorzeitig nach 30 Minuten abgebrochen, sei sehr laut geworden, habe vor sich hin geschrien "Dieses Verfahren sei ja menschenunwürdig .." und habe nachvollziehbar erschöpft gewirkt. Die nachgewiesene Verbitterungsstörung führe zu leichten bis mäßigen Beeinträchtigungen hinsichtlich Flexibilität, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie Durchhaltevermögen. Es liege keine entsprechende Strategie im Umgang mit Stress vor. Auf Grund negativer Antwortverzerrungen sei es nicht oder nur schwer möglich, die Folgen seiner Erkrankung für die Tätigkeit als Zahnarzt zu objektivieren. Angesichts der nachgewiesenen Anpassungsstörung könne der Kläger der Tätigkeit als Zahnarzt grundsätzlich nachgehen. Die Beeinträchtigungen in den Bereichen Flexibilität und Umstellungsfähigkeit seien durch intensivierte ambulante und ggf. auch stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungen beeinflussbar, allerdings sei ein Therapieerfolg beim Kläger eher ungünstig zu bewerten. Er schätze daher ein, dass das Leistungsvermögen als Zahnarzt um 25 % reduziert sei und er andere, insbesondere angestellte Tätigkeiten zeitlich ungemindert ausführen könne.
Am 28. November 2016 schloss der Kläger mit der MTH Dentaltechnik W. einen Arbeitsvertrag über eine Anstellung ab 5. Dezember 2016 als Berater, Außendienstmitarbeiter und Kundenakquisiteur bei einem Monatslohn von 3.800 € und einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ab. Am 2. Dezember 2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die (Pflicht-)Mitgliedschaft (die entsprechende Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom 20. Dezember 2016 ging bei der Beklagten am 22. Juni 2017 ein). Am 8. Dezember 2016 kündigte die MTH Dentaltechnik das Arbeitsverhältnis fristlos zum selben Tag. In der schriftlichen Kündigungserklärung heißt es u. a.: "Leider sehen wir uns außerstande, Sie in ihrer gegenwärtigen Verfassung weiter zu beschäftigen, da Sie als Außendienstmitarbeiter und Berater tätig sein und unser Unternehmen nach außen repräsentieren sollten. Ihr Auftreten war unsicher, gestresst und unkonzentriert. Sie konnten gerade besprochene Sachverhalte nicht korrekt wiedergeben und verdrehten die Zusammenhänge. Auch konnten Sie nicht über einen längeren Zeitraum (30 Min.) konzentriert arbeiten." Anschließend suchte der Kläger seine Hausärztin Dipl. Med. D., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie auf, die noch am selben Tag privatärztlich Arbeitsunfähigkeit (AU) auf Grund der Diagnose Dysthymia (F34.1) bis 16. Dezember 2016 bescheinigte (die AU-Bescheinigung ging am 12. Januar 2017 bei der Beklagten ein). Am 19. Dezember 2016 stellte Dipl. Med. D. eine AU-Erstbescheinigung mit der Diagnose F34.1 aus, am 5. Januar 2017 eine AU-Folgebescheinigung mit der Diagnose mittelgradige depressive...