Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Klagerücknahmefiktion. Anforderung an eine Betreibensaufforderung. erforderliche Klarheit und Unzweideutigkeit. Zurückweisung von Erklärungen. Eingang der Klagebegründung nach Fristablauf (hier: sechs Tage). Erlass des Gerichtsbescheids zweieinhalb Monate später. keine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Betreibensaufforderung, in welcher unterschiedliche Fristen und in wechselnder Reihenfolge ohne jede klar erkennbare und eindeutige Struktur die prozessualen Mittel des § 102 Abs 2 SGG, des § 106a Abs 3 SGG und des § 105 Abs 1 SGG verknüpft werden, genügt nicht den Anforderungen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die Klarheit und Unzweideutigkeit einer Betreibensaufforderung (Bestätigung der Senatsrechtsprechung: LSG Chemnitz vom 13.12.2018 - L 3 AS 111/18 = juris RdNr 46 ff).
2. Es erschließt sich nicht, wie ein Schriftsatz mit der angeforderten Klagebegründung, der sechs Tage nach Ablauf der gesetzten Frist bei Gericht eingegangen ist, die Erledigung des Rechtsstreits hätte verzögern können, wenn zwischen dem Eingang des Schriftsatzes und dem Erlass des Gerichtsbescheides zu der Klage mehr als zweieinhalb Monate liegen. Allein der Umstand, dass die Begründung des Gerichtsbescheides möglicherweise zwei oder drei zusätzlicher kurzer Anmerkungen zur Klagebegründung bedurft hätte, rechtfertigt vor dem Hintergrund der verstrichenen Zeit nicht die Annahme, die Erledigung des Rechtsstreits wäre bei Berücksichtigung der Klagebegründung verzögert worden.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 4. Juni 2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 4. Juni 2018, mit dem ihre Klage gerichtet auf die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) für die Zeit ab dem 4. Mai 2017 abgewiesen wurde.
Die 1962 geborene Klägerin (Lohnsteuerklasse II, alleinstehend und 1 Kind) verbüßt seit dem 18. März 2013 eine Haftstrafe in den Justizvollzugsanstalten (JVA) Z.... und Y.... mit einem voraussichtliches Ende der Strafhaft am 15. September 2020. Ab dem 25. November 2016 befand sie sich im offenen Strafvollzug der JVA Y..... Es war ihr gestattet, ab diesen Zeitpunkt einer regelmäßigen Beschäftigung außerhalb der Justizvollzugsanstalt nachzugehen.
Mit Wirkung zum 4. Mai 2017 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 16. Mai 2017 teilte sie mit, dass sie bis zum Jahr 2013 gearbeitet habe. Während ihrer Strafhaft habe sie nur an wenigen Tagen im Jahr 2015 gegen Arbeitsentgelt gearbeitet. Im Übrigen sei ihr während der Zeit der Inhaftierung keine Beschäftigung angeboten worden. Ihrem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 4. Juni 2017 legte sie eine Arbeitsbescheinigung der JVA Z.... vom 15. Mai 2017 bei, wonach sie in der Zeit vom 15. April 2015 bis zum 10. Juni 2015 an insgesamt 10 Kalendertagen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist. Darüber hinaus legte sie ein Schreiben der Ausgleichskasse X..../IV-Stelle X.... (Schweiz) vor, wonach sie auf der Grundlage ausgezahlter Löhne (im Jahr 2011 in Höhe von 180.000,00 CHF und im Jahr 2012 in Höhe von 77.600,00 CHF) als Schadensersatzforderung Beiträge aus der Arbeitslosenversicherung für die Jahre 2011 und 2012 an die Ausgleichskasse zu erstatten habe.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf Arbeitslosengeld ab, da die Klägerin keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Sie sei in den letzten zwei Jahren vor dem 4. Mai 2017 weniger als 12 Monate versicherungspflichtig gewesen und habe die Anwartschaftszeiten nicht erfüllt.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2017 teilte die Klägerin der Beklagen mit, dass sie sich aufgrund eines neuen Haftbefehls, der ihr am 20. Juni 2017 eröffnet worden sei, wieder im geschlossen Strafvollzug in der JVA W.... befinde. Daraufhin meldete die Beklagte die Klägerin für die Zeit ab dem 22. Juli 2017 aus der Arbeitsvermittlung ab.
Den von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. Juni 2017 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2017 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. September 2017 Klage erhoben. Mit dem vom Kammervorsitzenden unterschriebenem Schreiben vom 31. Januar 2018, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 14. Februar 2018, hat das Sozialgericht auf das Fehlen der Klagebegründung hingewiesen und der Klägerin gemäß § 106a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eine Frist bis zum 10. März 2018 zur Angabe von Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren die Klägerin sich beschw...