Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. versicherungspflichtige Beschäftigung. Rechtslage bis 31.12.2011. Berufsausbildung. Studierender an einer Berufsakademie. praxisintegriertes duales Studium. berufspraktische Phasen als Bestandteil des Studiums aufgrund Studienordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei dem Studiengang Diplombetriebswirt (BA), Studienrichtung Steuerberatung/Prüfungswesen an der Berufsakademie Sachsen, Staatliche Studienakademie Leipzig, handelt es sich um einen praxisintegrierten dualen Studiengang.

 

Orientierungssatz

Ein duales praxisorientiertes Studium begründet nach der bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage kein Versicherungspflichtverhältnis iS von § 25 Abs 1 S 2 SGB 3.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichtes Leipzig vom 28. Februar 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1. Oktober 2010.

Der Kläger begann am 1. Oktober 2007 ein Studium an der Berufsakademie S..., Staatliche Studienakademie A..., zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie), Fachrichtung Steuerberatung/Prüfungswesen. Bei dem Studium des Klägers handelte es sich um ein dual organisiertes Studium über die Dauer von drei Jahren. Es umfasste sowohl theoretische als auch praktische Studienzeiten. Es untergliederte sich in sechs Semester. Das Studium des Klägers dauerte bis zum 30. September 2010.

Den praktischen Ausbildungsteil absolvierte der Kläger bei Dr. X... & Partner Treuhand GmbH -Wirtschaftsprüfungs-/Steuerberatungsgesellschaft (Praxispartner). Der praktischen Ausbildung lag ein Ausbildungsvertrag zu Grunde, welcher unter anderem folgende Regelungen enthielt:

"Gemäß des Gesetzes über die Berufsakademie im Freistaat S... vom 11. Juni 1999 geschlossen:

(A) Regelstudienzeit

Die Regelstudienzeit beträgt 3 Jahre. Sie beginnt am 1. Oktober 2007 und endet am 30. September 2010.

(B) Praxispartner

Die praktischen Studienabschnitte werden in L... durchgeführt.

[…]

(C) Vergütung

[…]

(D) Wöchentliche berufspraktische Studienzeit beim Praxispartner (Ziffer 6.1)

Die regelmäßige wöchentliche berufspraktische Studienzeit beträgt 40 Stunden.

(E) Urlaub

[…]"

Das monatliche Entgelt betrug 200,00 EUR. Unter Punkt 3.9 der Anlage zum Ausbildungsvertrag, welche Vertragsbestandteil wurde, war zudem geregelt, dass das Ausbildungsverhältnis grundsätzlich sozialversicherungspflichtig ist.

Nach Abschluss der Ausbildung war der Kläger ab dem 1. Oktober 2010 arbeitslos. Er beantragte am 30. September 2010 bei der Beklagten die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1. Oktober 2010, was diese mit Bescheid vom 2. November 2010 ablehnte. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 2011 als unbegründet zurückgewiesen.

Ab dem 1. Februar stand der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis.

Der Kläger hat am 3. Februar 2011 Klage erhoben, mit welcher er sein Ziel der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1. Oktober 2010 weiter verfolgt hat. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Ausbildung als Teilnahme an einem praxisintegriertem dualen Studiengang gelte. Entsprechend der von den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vertretenen Auffassung vom 27. Juli 2004 zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von beschäftigten Studenten seien auf das Entgelt Sozialversicherungsbeiträge für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgeführt worden. Aufgrund der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 1. Dezember 2009 (Az. B 12 R 4/08), dass es sich bei einem dreijährigen sogenannten praxisintegrierten dualen Studium nicht um eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit handelt, sei ihm das beantragte Arbeitslosengeld nicht bewilligt worden, da er in der Rahmenfrist nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Er könne die Erstattung der zu Unrecht abgeführten Beiträge verlangen. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hätten hinsichtlich der Auswirkungen der Entscheidung am 5. Juli 2010 gemeinsam entschieden, dass die versicherungsrechtliche Beurteilung von Teilnehmern an praxisintegrierten dualen Studiengängen spätestens ab dem Wintersemester 2010/2011 umzustellen sei und keine Beitragspflicht mehr bestehe. Soweit - wie bei ihm - in der Vergangenheit eine Beitragspflicht angenommen worden sei, werde dies vom Versicherungsträger nicht beanstandet und nur bei einem Antrag auf Beitragserstattung das Versicherungsverhältnis rückwirkend umgestellt. Er habe nie einen Antrag auf Beitragserstattung gestellt. Er sei daher, schon aus Vertrauensschutzgesichtspunkten, wie ein Versicherungspflichtiger zu behandeln.

Unter Nummer 1.4 ("Praxisorientierte duale Studiengänge") des Rundschreibens "Versicherungsrechtliche Beurteilung von Teilnehmern an dualen Studiengängen" vom 5. Juli 2010 (veröffentlicht unter http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/...

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