Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme eines Existenzgründungszuschusses. Beweislast des Arbeitslosen. Erfüllung der Mitteilungspflicht. Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit. 15 Wochenstunden
Leitsatz (amtlich)
Der Versicherte trägt in einem Verfahren, das einen Rücknahme- und Erstattungsbescheid betrifft, die Beweislast hinsichtlich der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für den Leistungsanspruch, wenn er mangels genauer Darlegungen die Vermutung aufkommen lässt, dass er die tatsächlichen Voraussetzungen niemals erfüllt hat. Ihm obliegt dann die Beweislast für Art und Umfang der tatsächlichen Ausübung der selbständigen Tätigkeit zum Aufbau einer Existenzsicherung hinsichtlich der von ihm trotz seiner unvollständigen Angaben im Antragsformular behaupteten Erfüllung der Mitteilungspflicht durch mündliche oder konkludente Erklärungen.
Orientierungssatz
Voraussetzung für die Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses ist ua, dass durch die Selbstständigkeit die Arbeitslosigkeit beendet wird. Die selbstständige Tätigkeit muss daher jedenfalls mehr als 15 Wochenstunden in Anspruch nehmen.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. April 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten - auch des Berufungsverfahrens - sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses für die Zeit vom 22. Juli 2004 bis zum 21. Juli 2005 sowie die hiermit verbundene Erstattungsforderung in Höhe von 7.200,00 EUR.
Der Kläger, der bis dahin Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, beantragte am 20. Juli 2004 die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Hierbei stellte er das Existenzgründungsvorhaben wie folgt dar: “Vermietung und Verpachtung von Immobilien„. Die selbstständige Tätigkeit solle am 22. Juli 2004 beginnen. Sein Einkommen aus der Tätigkeit werde im ersten Jahr ca. 10.000,00 EUR betragen. Am 20. Juli 2004 bestätigte der Kläger unterschriftlich, er habe das Merkblatt 3 “Vermittlungsdienste und Leistungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer„ sowie die “Hinweise zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit einem Existenzgründungszuschusses„ erhalten und davon jeweils Kenntnis genommen.
Mit Bescheid vom 5. August 2004 bewilligte die Beklagte hierauf dem Kläger einen Existenzgründungszuschuss für die Zeit vom 22. Juli 2004 bis zum 21. Juli 2005 in Höhe von monatlich 600,00 EUR. Die Entscheidung beruhe auf § 421l des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) in der Fassung des 2. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 4621].
Anlässlich des Verlängerungsantrages vom 6. September 2005 teilte der Kläger mit, er habe trotz zahlreicher Anbahnungen bisher keine Einnahmen gehabt. Er legte auch keine Nachweise über Aktivitäten vor, aus denen abzuleiten gewesen wäre, dass er mindestens 15 Stunden wöchentlich für die selbstständige Tätigkeit aufgebracht hat.
Deshalb lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Oktober 2005 eine weitere Bewilligung ab. Angesichts der Mitteilungen über Gewinn und Verlust ergäben sich Zweifel, dass eine selbstständige Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden in der Woche tatsächlich ausgeübt werde.
Dem widersprach der Kläger am 13. Oktober 2005. Im August 2005 habe er den Antrag auf Weiterbewilligung gestellt. Mit Schreiben vom 20. September 2005 sei ihm aufgetragen worden, eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung vorzulegen. Von einer Vorlage von Aktivitäten, Kontakten etc. sei darin nicht die Rede gewesen. Die Annahme, dass er weniger als 15 Stunden tätig gewesen sei, sei ungerechtfertigt und falsch.
Auf Anfrage der Beklagten teilte der Kläger weiter mit, eine Buchhaltung existiere nicht, könne also nicht vorgelegt werden. Zu dieser sei er auch nicht verpflichtet. Seine Geschäftskontakte seien: V & T Immobilien M., Deutsche Bank Immobilien, Stadt C. (Technisches Rathaus). Er arbeite täglich ca. 8 Stunden 5- bis 6-mal in der Woche. Eine Firmierung sei nicht erforderlich, da er als selbstständiger Ingenieur tätig sei. Seit über einem Jahr bemühe er sich bei der Stadt C. um Planungs- und Bauleitungsaufträge. Für das Jahr 2005/2006 schätze er seine Einnahmen auf 30.000,00 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die abgelehnte Forderung für die Zukunft als unbegründet zurück. Der Kläger habe als Nachweis seiner Tätigkeit lediglich ausgeschnittene Zeitungsannoncen für Bewerbungen vorgelegt. Diese trügen Daten von August/September 2005. Damit seien sie zum Nachweis der Tätigkeit im Zeitraum des ersten Förderjahres nicht geeignet. Auf eine nochmalige Anfrage habe der Kläger nicht geantwortet. Daher sei nicht von einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit der angegebenen Art auszugehen.
Mit Schreiben vom ...