Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Vorliegen einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung. Regelmäßigkeit. Versicherungsfreiheit. Entrichtung von Pauschalbeiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung seitens des Arbeitgebers. Arbeitsentgelt. Arbeitszeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Regelmäßigkeit einer Beschäftigung iSd § 8 Abs 1 Nr 1 SGB 4.
Normenkette
SGB IV §§ 7, 8 Abs. 1, § 28p Abs. 1 S. 5; SGB V § 249b S. 1; SGB VI § 172 Abs. 3 S. 1
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 20. Oktober 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 4.340,76 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladenen zu 7. bis 9. sowie eine weitere Aushilfskraft im Prüfzeitraum Januar 2003 bis Dezember 2006 bei der Klägerin und Berufungsbeklagten (nachfolgend: Klägerin) entgeltgeringfügig beschäftigt waren und die Klägerin deshalb Pauschalbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) bzw. dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) zu tragen hat.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen im Bereich Brief- und Zeitschriftenversandservice. Die Beigeladenen zu 7. bis 9. sowie der zwischenzeitlich verstorbene H. D… bezogen jeweils eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und waren daneben zu einem Stundensatz von 6,00 EUR bei insgesamt geringfügiger Entlohnung nach den Prüflisten der Beklagten und Berufungsklägerin - nachfolgend: Beklagte - (Bl. I 25 ff. der Verwaltungsakten der Beklagten) für die Klägerin u. a. in folgenden Zeiträumen und mit folgenden Verdiensten tätig:
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Zeitraum |
S… |
D… |
S… |
R… |
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Aug 03 |
84,00 € |
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Sep 03 |
174,00 € |
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Okt 03 |
282,00 € |
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Nov 03 |
141,00 € |
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Dez 03 |
336,00 € |
102,00 € |
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Jan 04 |
192,00 € |
60,00 € |
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Feb 04 |
195,00 € |
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Mrz 04 |
336,00 € |
297,00 € |
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Apr 04 |
120,00 € |
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Mai 04 |
36,00 € |
100,50 € |
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Jun 04 |
114,00 € |
168,00 € |
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Jul 04 |
93,00 € |
207,00 € |
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Aug 04 |
114,00 € |
100,50 € |
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Sep 04 |
135,00 € |
190,50 € |
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Okt 04 |
204,00 € |
66,00 € |
54,00 € |
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Nov 04 |
273,00 € |
141,00 € |
162,00 € |
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Dez 04 |
294,00 € |
129,00 € |
30,00 € |
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Jan 05 |
270,00 € |
162,00 € |
180,00 € |
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Feb 05 |
96,00 € |
48,00 € |
201,00 € |
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Mrz 05 |
300,00 € |
61,50 € |
153,00 € |
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Apr 05 |
184,50 € |
148,50 € |
246,00 € |
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Mai 05 |
181,50 € |
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48,00 € |
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Jun 05 |
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120,00 € |
93,00 € |
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Jul 05 |
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60,00 € |
53,00 € |
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Aug 05 |
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162,00 € |
72,00 € |
453,00 € |
Sep 05 |
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174,00 € |
258,00 € |
240,00 € |
Okt 05 |
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216,00 € |
336,00 € |
60,00 € |
Nov 05 |
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84,00 € |
144,00 € |
421,50 € |
Dez 05 |
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205,50 € |
330,00 € |
399,00 € |
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Jan 06 |
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57,00 € |
264,00 € |
411,00 € |
Feb 06 |
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171,00 € |
159,00 € |
114,00 € |
Mrz 06 |
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276,00 € |
270,00 € |
510,00 € |
Apr 06 |
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189,00 € |
303,00 € |
Mai 06 |
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306,00 € |
Jun 06 |
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294,00 € |
306,00 € |
Jul 06 |
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30,00 € |
171,00 € |
Aug 06 |
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138,00 € |
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Sep 06 |
546,00 € |
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240,00 € |
234,00 € |
Okt 06 |
300,00 € |
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219,00 € |
180,00 € |
Nov 06 |
150,00 € |
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171,00 € |
120,00 € |
Dez 06 |
129,00 € |
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285,00 € |
223,50 € |
Am 5. März 2007 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch und stellte nach Anhörung mit Bescheid vom 5. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2007 für den Prüfzeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 eine Nachforderung von Pauschalbeiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 4.265,11 EUR und Umlagen in Höhe von insgesamt 75,65 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, hinsichtlich der Beigeladenen zu 7. bis 9. sowie des Beschäftigten D… liege jeweils eine regelmäßige und daher keine zeit-, sondern eine entgeltgeringfügige Beschäftigung vor, die entsprechende Beitrags- und Umlagepflichten des Arbeitgebers zur Folge habe. Das Merkmal der Regelmäßigkeit sei zu bejahen, wenn der betreffende Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber über einen länger als ein Jahr dauernden Zeitraum mit sich ständig wiederholenden Arbeitseinsätzen beschäftigt werde. Unerheblich sei, ob das exakte Datum der Einsätze jeweils von vornherein feststehe oder von Mal zu Mal vereinbart werde. Es genüge, wenn der Beschäftigte zu den sich wiederholenden Arbeitseinsätzen auf Abruf bereit stehe. Dies sei bei den geprüften Beschäftigungsverhältnissen der Fall, so dass ab dem zweiten Beschäftigungsjahr die entsprechenden Beiträge und Umlagen zu entrichten seien.
Mit der am 31. Juli 2007 beim Sozialgericht Leipzig (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die im Betrieb anfallenden Arbeiten erledigten hauptsächlich ihre beiden Geschäftsführer. Daneben gebe es einen Pool von rund 10 bis 14 Aushilfskräften, die jeweils eine Telefonnummer bei ihr hinterlegt hätten. Bei diesen Kräften handele es sich nahezu ausschließlich um Rentner. Bei höherem Arbeitskräftebedarf, der durchschnittlich zwei- bis dreimal im Monat auftrete, rufe sie nach dem Zufallsprinzip die Aushilfskräfte an und vereinbare die Arbeitseinsätze. Die betreffenden Aushilfskräfte würden ohne Rahmenarbeitsvertrag entsprechend des variierenden Arbeitskräftebedarfs beschäftigt, ohne dass die Einsätze im Kalenderjahr 50 Arbeitstage überschritten. Manchmal erfolgten die Arbeitseinsätze der betreffenden Aushilfsk...